Sachbuch: Weder Opfer noch Projektionsfläche
Der Einstieg ist unverblümt: ein Leichenfund am 14. April 2013. Der Tote – «verkrebste Kehle, entzündeter Magen» –, knapp 66 Jahre alt, war lange alkoholkrank. «Dein Abgang wirft Fragen auf», schreibt der Basler Soziologe Ueli Mäder; und will Antworten finden in einem langen Abschiedsbrief an seinen toten älteren Bruder Marco. Entlang lose gegliederter Kapitel entfaltet sich das brüchige Leben eines Begabten aus sogenannt einfachen Verhältnissen; ein Leben, das in der zweiten Hälfte immer mehr ins Stocken geriet. Die Briefform hilft dem Autor, sich nicht in soziologische Analysen, moralische Urteile und Mythen zu flüchten, sondern sein Gegenüber klar und persönlich anzusprechen: «Du wolltest weder Opfer noch eine Projektionsfläche sein; vor allem keine negativ besetzte.»