Ecopop : Begeisterte Wölfe im grünen Pelz

Nr. 46 –

Unterschriftenbogen in der «Schweizerzeit», enthusiastische Schweizer Demokraten und ein ominöser islamophober Leserbrief. Wie ernst meint es der Verein Ecopop mit der Distanzierung von Rechtsaussen?

Der Verein Ecopop, der die Einwanderung in die Schweiz per Volksinitiative auf jährlich rund 16 000 Personen beschränken will, behauptet, nicht rechts zu sein: «Ecopop distanziert sich klar von fremdenfeindlichen und rassistischen Ansichten», hiess es etwa auf den Unterschriftenbogen zur inzwischen eingereichten Initiative «Stopp der Überbevölkerung». Im Bulletin des Vereins gab es auch eine Distanzierung von den fast gleichzeitig lancierten Einwanderungsinitiativen von SVP und Schweizer Demokraten (SD) zu lesen: «Sowohl bei der SD als auch bei der SVP werden die Sachthemen durch ausländerfeindliche und antieuropäische Strömungen belastet.»

Anlässlich der Ecopop-Unterschriftenübergabe Anfang November in Bern referierte unter anderen Hans Popp vor den Medien. Popp war in den achtziger Jahren Präsident der CVP des Kantons Bern, ist Träger eines Professorentitels und ehemaliger stellvertretender Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft. Nach eigenen Angaben ist er seit vierzig Jahren bei Ecopop dabei – heute als Mitglied des illuster besetzten Ecopop-Unterstützungskomitees.

Am Tag nach der Pressekonferenz publizierte das «St. Galler Tagblatt» ein Interview mit Popp, darin beklagt er sich, als Ecopop-Exponent riskiere man, «in die Rechtsaussen-Ecke gestellt zu werden, als Rassist und Ausländerfeind taxiert zu werden – was eine Gemeinheit ist, weil es nicht zutrifft».

Popp selbst hatte im Frühjahr für den redaktionellen Teil der Zeitung «Schweizerzeit» einen Appell an die LeserInnenschaft verfasst, die Initiative zu unterschreiben. Die «Schweizerzeit» wird vom ehemaligen SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer herausgegeben und verfolgt einen reaktionären Kurs. In derselben Ausgabe, in der der Appell erschien, war auch der von Ecopop gelieferte Unterschriftenbogen beigelegt.

In seinem Aufruf ergänzte Popp, der schon früher in der «Schweizerzeit» publiziert hatte, die offizielle Ecopop-Argumentation mit der Idee, man könne unechte Asylsuchende «allenfalls» bereits an der Grenze abweisen und das Saisonnierstatut wiedereinführen, sollte es zu Notsituationen in Landwirtschaft, Pflege oder Service kommen.

Popp interessiert sich offenbar nicht nur für ökologisch-raumplanerische Effekte der Einwanderung. Die Rede ist auch von «sozialen» Problemen und von «Sicherheitsproblemen» als Folge der Einwanderung.

«Mit Kindern und Booten»

2006 erschien in der «Weltwoche» ein Leserbrief, in dem auf die «heute grösste Gefährdung Europas» hingewiesen wird: «die muslimische Invasion mit ‹Kindern und Booten statt mit Truppen und Kanonen›». Gezeichnet: «Hans Popp, Liebefeld».

Gegenüber der WOZ gibt sich Hans Popp, der in Liebefeld wohnt, erstaunt. Er habe diesen Leserbrief nicht geschrieben. «Das ist nicht mein Stil, den muss jemand in meinem Namen verfasst haben.» Wer sollte so was tun? «Das sind so Sachen, die passieren heutzutage», antwortet Popp. Der Beitrag vom Frühling in der «Schweizerzeit», der sei hingegen tatsächlich von ihm. Es sei darum gegangen, in möglichst vielen Publikationen für die Initiative zu werben – schliesslich habe man ja die Unterschriften zusammenbekommen müssen. «Der Zweck heiligt die Mittel. Ich hätte das sogar in einem Kommunistenblatt gemacht.» Das Risiko, ungerechtfertigterweise in die rechte Ecke gedrückt zu werden, habe mit oder ohne Beitrag in der «Schweizerzeit» bestanden.

Andreas Thommen, Mitglied und Sekretär des Ecopop-Initiativkomitees, sieht das ähnlich. «Wir hätten die Bögen gerne bei Pro Natura oder beim WWF beigelegt – aber die wollten nicht.» So sei man auf andere Vertriebskanäle angewiesen gewesen, um sich überhaupt Gehör zu verschaffen. «Das Angebot der ‹Schweizerzeit› haben wir angenommen, weil es gratis war», so Thommen weiter. Hans Popp sagt hingegen, das Beilegen sei nicht umsonst gewesen: «Das Ecopop-Initiativkomitee hat es bezahlt.» Thomas Zollinger schliesslich, auch er Mitglied des Initiativkomitees und Koordinator der Unterschriftensammlung, behauptet, Ecopop habe lediglich die Bogen geliefert, Hans Popp habe das Beilegen bezahlt.

Neben der Unterstützung der «Schweizerzeit» konnte Ecopop im Zuge der Unterschriftensammlung auf die Hilfe weiterer ExponentInnen von «Rechtsaussen» zählen. So hat etwa die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) Unterschriftenbogen unter ihre Mitglieder gebracht. Gesammelt haben auch die Schweizer Demokraten. Die SD sind die Nachfolger der Nationalen Aktion, die Anfang der siebziger Jahre eine eigene Überfremdungsinitiative nur knapp verloren hat.

Schwärmende Schweizer Demokraten

Der ehemalige Berner SD-Nationalrat Bernhard Hess kommt gegenüber der WOZ aus dem Schwärmen kaum noch heraus, wenn er von der Ecopop-Unterschriftensammlung erzählt: «Plötzlich unterschrieben nicht mehr nur Leute aus dem nationalkonservativen Lager, nicht mehr nur klassische Arbeitnehmer, sondern auch ein grün-patriotisches Segment, Intellektuelle – gerade in den Agglomerationsgemeinden.»

Adrian Pulver, Generalsekretär der Schweizer Demokraten, bestätigt, dass mehrere Mitglieder seiner Partei sehr aktiv für Ecopop gesammelt hätten, eine genaue Zahl an Unterschriften, die die SD beigesteuert haben, kann er aber nicht nennen. «Ich selber bin im Sommer der Ecopop beigetreten», sagt Pulver. Später, gegen den Herbst zu, als sich abzeichnete, dass die SD-eigene Einwanderungsinitiative nicht zustande kommen würde, sei er auf Thomas Zollinger, den Sammelkoordinator von Ecopop, zugegangen und habe dann innerhalb der SD darauf hingewirkt, dass die SD Ecopop im Schlussspurt der Unterschriftensammlung offiziell unterstützen würden – was die Partei dann auch tat. Pulver: «Wir Schweizer Demokraten möchten uns ausdehnen, ein Netzwerk innerhalb von Ecopop spannen.»

Besagter Thomas Zollinger ist aktives SVP-Mitglied und hat nach eigenen Angaben erheblichen Anteil am Sammelerfolg der Ecopop gehabt. «Wenn uns Unterschriften zugehalten wurden, haben wir sie genommen – es ist ja sachlich völlig unmöglich zu prüfen, woher ein Unterschriftenbogen stammt.» Im Übrigen sei Ecopop eine parteipolitisch neutrale Organisation. Es sei an Ecopop, über Mitgliedschaften zu befinden, er selbst sei bloss ein einfaches Mitglied. «Aber wenn sich jemand an demokratische und gesellschaftliche Spielregeln hält, ist meiner Meinung nach an einer Mitgliedschaft nichts auszusetzen – das gilt auch für Schweizer Demokraten.»

Zollinger selbst hatte im Herbst 2011 in der Zeitung «Die Idee» der Jungen SVP für Ecopop geworben und per Inserat bezahlte UnterschriftensammlerInnen gesucht. Ecopops «Abgrenzung besonders nach rechts mündet leider oftmals in einer gewissen Irritation auf dieser Seite, was jedoch nicht beabsichtigt ist», schrieb Zollinger in jenem Artikel.

Was gilt jetzt? Abgrenzung gegen rechts oder Schmusekurs? Andreas Thommen von Ecopop, selbst Mitglied der Grünen, hält fest: «Wir konnten nicht kontrollieren, wer alles für uns sammelt. An unseren Versammlungen hat jedenfalls noch nie jemand ein fremdenfeindliches Votum gehalten.» Und dann kommt er wieder, der Satz: «Von Fremdenfeindlichkeit grenzen wir uns ab.»

Die Ecopop-Initiative

Die Zunahme der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz durch Einwanderung soll jährlich nur noch 0,2 Prozent betragen. Das wären heute rund 16 000 Personen. Dies verlangt der Verein Ecopop in seiner Anfang November eingereichten Initiative «Stopp der Überbevölkerung» (siehe WOZ Nr. 42/12 ).

Zusätzlich sollen zehn Prozent der schweizerischen Entwicklungshilfe für Programme zur freiwilligen Familienplanung im globalen Süden verwendet werden.