Videotheken: «Der Laden ist grösser als wir»

Nr. 7 –

In den achtziger und neunziger Jahren gehörte es zum Alltag, sich abends in einer Videothek noch zwei, drei Filme auszuleihen. Heute sind die einstigen Kultur- und Kultstätten am Aussterben. Eine ethnografische Spurensuche.

  • Und bald auch eine der letzten Videotheken in der Schweiz: «Les Videos» in Zürich.
  • «Wir betrachten es grundsätzlich als unseren sozialen Auftrag, mit den Leuten zu plaudern»: Fabio Feller von «Les Videos».
  • Die grossen Videoketten sind längst eingegangen, «Les Videos» behauptet sich mit einem ausgesuchten und breiten Sortiment.
  • In jahrelanger Feinarbeit zusammengestellt und ergänzt: Ein Teil des Archivs von «Les Videos».

Man stelle sich vor: Im Jahr 2027 finden ein paar Teenager auf dem Estrich eine Kiste voller schwarzer Kassetten. Sie sind ziemlich gross, rund zehn auf zwanzig Zentimeter, und über zwei Zentimeter dick. «Be Kind – Rewind» steht in grossen Lettern darauf. Bitte zurückspulen. Auf der Schmalseite hat jede eine eigene Ziffer: manche nur dreistellig, manche vier- oder fünfstellig. Die Jugendlichen sind ratlos, worum es sich hier handeln könnte. Kein Wunder: Die letzte Firma, die noch Abspielgeräte für diese Kassetten produzierte, stellte im Sommer 2016 ihren Betrieb ein.

Die VHS-Kassette: «Be Kind – Rewind»

VHS steht für Video Home System – und für nichts weniger als eine Revolution: Die normierten Videokassetten haben, nachdem sie 1977 in den USA auf den Markt kamen, innert weniger Jahre die ganze Filmproduktionsindustrie auf den Kopf gestellt. Plötzlich konnte man zu Hause auf dem Videorecorder selber Filme abspielen, statt sich nach dem aktuellen Kinoprogramm zu richten. Eine neue Kulturpraxis entstand – die Videokultur –, in deren rituellem Zentrum die VHS-Kassette stand. Sie machte das Filmpublikum zum Zeremonienmeister. Denn ein Video liess sich nicht nur in den Recorder schieben und abspielen. Jetzt konnte man den Film per Knopfdruck anhalten, zurückspulen, in Zeitlupe laufen lassen, eine Szene immer und immer wieder betrachten.

Für eine ganze Generation von FilmemacherInnen wurde VHS zur autodidaktischen Filmschule. Sie begründeten in den USA eine neue Art des Filmemachens jenseits des Studiosystems und mit einer ganz anderen Ästhetik, die formal und erzählerisch experimentierte: die Independents. Einer von ihnen ist Quentin Tarantino, Regisseur von Kultfilmen wie «Reservoir Dogs» (1992) und «Pulp Fiction» (1994), für den VHS-Kassetten bis heute eine fast erotische Ausstrahlung als Objekt besitzen – etwas «Handfestes» halt, wie er betont. Er sammelt sie noch immer.

Ihren Siegeszug trat die Videokassette dank der Pornoindustrie an, die ein evidentes Interesse an diesem neuen Vertriebssystem bekundete. Zu Beginn waren Videos alles andere als billig und, von Pornos abgesehen, nicht so einfach erhältlich. Bis weit in die achtziger Jahre hinein kostete ein Film auf VHS zwischen 250 und 300 Franken, erinnert sich Guido Rhyn, einer der Videopioniere der Schweiz. Er besass bereits zu Beginn der Achtziger einen beachtlichen Stapel an Videokassetten, weil er beruflich mit Filmrechten handelte. Diese Videos wollte er unter die Leute bringen – am besten dort, wo diese täglich vorbeikommen. 1981 kaufte er in Zürich Oerlikon einen Kiosk und begann, mit nichts als einem Karteikasten, seine Videos zu verleihen. Das funktionierte so gut, dass er kurz darauf in Wiedikon ein kleines Geschäft eröffnete: «Les Videos».

Der Laden: «Video Archives», «Kim’s Video», «Blockbuster»

Mit dem Aufkommen von Videorecordern Ende der siebziger Jahre eröffnete schon bald eine Videotheke nach der anderen. Bereits Mitte der achtziger Jahre überzog ein Netz aus über 15 000 Videotheken die USA – Tankstellen, Lebensmittel- und Plattenläden, die ebenfalls Videos verliehen, noch nicht einmal mit eingerechnet. 1987 übertrafen die Einnahmen aus dem Heimvideomarkt erstmals jene aus dem Kino. Zwischen 1980 und 2005, schreibt Tom Roston in seinem Buch «I Lost It at the Video Store» (2015), dominierten Videotheken die US-Kulturlandschaft. «Shrines to cinema» nennt er sie: nicht nur Kultur-, sondern Kultstätten. Mystische Orte, an denen man auf Entdeckungsreise gehen kann, bis einem der Kopf ob all der schreiend bunten Covers schwirrt. Einzelne Videotheken wie «Video Archives» in Los Angeles oder «Kim’s Video» in New York wurden zu Pilgerstätten für Filmfreaks aus dem akademischen wie aus dem künstlerischen Umfeld.

Zu Beginn gab es vor allem kleine Mom-and-Pop-Läden, wie sie in den USA liebevoll genannt werden: eingeklemmt zwischen Liquor Store und Dry Cleaners entlang der Strasse, manchmal auch einfach ein umfunktionierter Wohnwagen. Oft war es drinnen eng und vollgestopft, mit Gestellreihen bis an die Decke und Stapeln an Kassetten auf dem Tresen, hinter denen der Besitzer fast verschwand. Das Schild «Be Kind – Rewind» gehörte ebenso zur Ausstattung wie die angeschlagenen Preise und die Late Fees, die Kosten für verspätetes Zurückbringen. Obligat auch die «Schmuddelecke» im hintersten Bereich, durch einen roten Vorhang abgegrenzt, oder unten im Keller, mit «Zutritt nur ab 18 Jahren». Und natürlich flimmerte immer, immer ein Film über den Fernsehbildschirm beim Tresen.

An diesen Läden, so erinnert sich Quentin Tarantino, der ab 1985 selber einige Jahre in «Video Archives» arbeitete, konnte er bis weit in die neunziger Jahre nie vorbeigehen, ohne einen Blick auf das Sortiment zu werfen. Immer auf der Suche nach einem Film, den er noch nicht kannte oder der ihm in seiner Sammlung fehlte. Mitunter hat er sogar die eine oder andere Videokassette mitgehen lassen, wie er Roston gesteht.

Später, ab Mitte der achtziger Jahre, kamen grosse Videoketten wie «Blockbuster» hinzu, mit Logoteppichen, sterilem Neonlicht, wohlgeordneten Gestellreihen mit Dutzenden von Kopien aktueller Kassenschlager – und ohne Pornos. Sie drängten die Mom-and-Pop-Stores kommerziell innert kurzer Zeit an die Wand, weil sie den Filmstudios Spezialdeals abtrotzten. Auf seinem Höhepunkt im Jahr 2004 umspann das «Blockbuster»-Imperium allein in den USA über 8000 Filialen. Varianten solcher Videoketten mit Standardsortiment (und inklusive Porno) entstanden auch in der Schweiz, namentlich in Zürich: «City Video» etwa oder «Joe’s Video». Mom-and-Pop-Varianten wie «Les Videos» vermochten sich trotzdem zu behaupten – vor allem aufgrund ihres ganz anderen, viel breiteren Sortiments.

Das Filmangebot: «Debbie Does Dallas», «Tanz der Teufel», «Opfer»

«Klar haben wir Pornos, die gehören auch zur Filmgeschichte und zu einem vollständigen Filmarchiv», sagt Fabio Feller, der «Les Videos» 2005 zusammen mit einem Kollegen übernommen hat. «Als ich 1997 hier anfing, war die Hälfte des Kellers mit Pornos gefüllt.» Sie sind noch immer über eine rot markierte Treppe im Untergeschoss zu finden – allerdings in nur mehr bescheidenem Ausmass. Neben Klassikern wie «Debbie Does Dallas», «Deep Throat» und helvetischen Erotikproduktionen des legendären Erwin C. Dietrich umfasst das Angebot auch Experimental- und Undergroundfilme aus dem homo- und transsexuellen Bereich. Und natürlich lesbischen Porno.

Pornovideos waren lange das Schmiermittel der Videotheken und machten auch in der Schweiz bis weit in die neunziger Jahre hinein bis zu achtzig Prozent des Umsatzes aus. Als Guido Rhyn 1981 in den Videoverleih einstieg, war ausser Pornos nur wenig erhältlich – «vor allem B-Movies aus dem Action- und Horrorbereich, darunter viel Dubioses». Das meiste entsprang der florierenden B-Movie-Industrie Italiens. Rhyn kaufte grundsätzlich alles: Pornos («solange sie zumindest eine Handlung besassen»), Kannibalenfilme («Da gab es gut gemachte drunter!»), Horror- und Zombiefilme. Besonders Letztere hätten die Zensurbehörden auf den Plan gerufen, erinnert er sich. Auf üble Machwerke mit Enthauptungsszenen wie «Gesichter des Todes» (1978) verzichtete er, aber «Tanz der Teufel» (1981) von Sam Raimi, den wollte er unbedingt, auch wenn er auf dem Index stand. In Konflikt mit den Behörden geriet Rhyn nur einmal, Anfang der achtziger Jahre, wegen ein paar Pornovideos, die damals grundsätzlich verboten waren. Das Zürcher Bezirksgericht verurteilte ihn wegen «Verbreitung von Pornografie», die Busse sei niedrig gewesen. Aber die «Abschöpfung des Gewinns» – über 20 000 Franken – hätte ihn fast ruiniert.

Im Gegensatz zu den Videoketten bemühte sich Rhyn schon früh, sein Sortiment um künstlerisch anspruchsvolle Filme wie etwa Andrei Tarkowskis «Opfer» (1986) zu erweitern. Konkurrenz, so betont er, sei deshalb nie ein Thema gewesen. «Unser Angebot war anders und speziell. Natürlich hatte ich auch den neusten ‹James Bond›, aber halt nicht zwanzigfach, sondern nur fünf Mal.»

In den USA entfaltete sich mit dem Aufkommen der ersten Videotheken rasch ein Low-Budget-Produktionszweig der Filmindustrie, der vor allem Horror- und Zombiefilme direkt für den Heimvideomarkt herstellte. Nackte Brüste, Horror und Gemetzel seien ihr «Schulstoff» gewesen, betonen Independent-Filmemacher wie Quentin Tarantino oder Kevin Smith gerne. «Reservoir Dogs» war ursprünglich ebenfalls als Produktion für den Heimvideomarkt geplant. Dass Tarantinos Erstling dann doch den Weg auf die Kinoleinwand fand, hat der ganzen Independent-Bewegung zum Durchbruch verholfen. Wie sein Werk überhaupt als kreativer Remix des Videothekenrepertoires der achtziger Jahre gelten kann und den Kultstatus dieser Videos mitbegründet hat. Ähnlich auch Smith, der mit «Clerks» bereits 1994 eine Hommage an die Videothek als (Sub-)Kulturstätte mit freakigen Angestellten schuf.

Clerks, die Ladenhüter: Nerds, Zeremonienmeister, Sozialarbeiter – männlich

Als ihm der Besitzer von «Video Archives» 1985 einen Job anbot, habe er allen Ehrgeiz verloren, je wieder etwas anderes zu machen, erinnert sich Quentin Tarantino. Seine Ambition bestand fortan darin, alles, was er selber mochte, auch die schrägsten Filme, den KundInnen schmackhaft zu machen. Offenbar schuf er eine grosse Fangemeinde des französischen Cineasten Éric Rohmer – bestehend vorab aus Männern, die sich ursprünglich von den erotischen Covers der Videohüllen angezogen fühlten. Kevin Smiths Video-Store-Clerk namens Randal hingegen foutiert sich im Film komplett um seine Kundschaft (was man, so erinnert sich Smith, auch vielen Angestellten von «Kim’s Video» in New York nachsagte). Immerhin kümmert sich Randal um Kundenbestellungen – vor einer Mutter mit Kleinkind diktiert er eine Tirade an einschlägigen Pornotiteln ins Telefon –, doch für einen «richtig guten Porno» geht er lieber in eine andere Videothek.

Man würde den – grossmehrheitlich und wohl sortimentsdeterminiert männlichen – Videotheksangestellten nicht gerecht, bezeichnete man sie lediglich als (Film-)Freaks oder Sonderlinge. Als Zeremonienmeister der besonderen Art bieten sie kulturelle Lehre, Inspiration und psychologische Beratung und walten mitunter auch als Sozialarbeiter. Immer wieder schauen im «Les Videos» Leute vorbei, die einfach ein bisschen Wärme und einen Schwatz suchen. «Wir betrachten es grundsätzlich als unseren sozialen Auftrag, mit den Leuten zu plaudern», sagt Fabio Feller. Wer aktuell im kleinen Geschäft am Rand des Zürcher Niederdorfs arbeitet, verfügt aber auch über einen akademischen oder künstlerischen Hintergrund. Das gebietet allein schon die Breite des Sortiments, das in jahrelanger Feinarbeit retrospektiv ergänzt worden ist. «Wir sind in jeder Sparte genug tief dokumentiert, um neunzig Prozent der Kundenwünsche abzudecken», sagt Feller. Oder wie es sein Geschäftsleiter André Willimann formuliert: «Wir haben alles, was gefragt ist, und wir beschaffen alles, was nachgefragt wird.»

Die Kundschaft: «Ich war ein Video-Store-Junkie»

Die typische Kundin von «Les Videos» ist weiblich, akademisch und zwischen dreissig und fünfzig Jahre alt. Heute. Früher waren Videotheken für das Bildungsbürgertum ein No-Go, wie Guido Rhyn betont. «Wir bedienten eine Subkultur, die definitiv nicht cinephil war.» Seine Stammkundschaft kam aus der Gastroszene im Kreis 4, «Leute, denen das Geld locker in der Tasche sass» – ein Video kostete damals zehn Franken pro Tag –, die nach Arbeitsschluss zum Entspannen regelmässig noch drei, vier Filme schauten.

«Ich war ein Video-Store-Junkie», erinnert sich Kevin Smith. Zwischen 1983 und 1989 sei er täglich hingegangen, um sich Filme auszuleihen. «Wir haben uns einfach alles reingezogen», pflichtet ihm Quentin Tarantino bei. Irgendwann wurde das auch für viele US-AmerikanerInnen zum alltäglichen Ritual: Man ging abends noch rasch in der Videothek der Nachbarschaft vorbei, um sich zwei, drei Filme auszuleihen. Mit dem pünktlichen Zurückbringen und -spulen klappte es hingegen nicht immer – davon zeugen nicht nur die bis heute an jeder Theke explizit aufgelisteten Late Fees. Im März 2016 kursierte eine absurde Story in den US-Medien: Ein Mann war auf offener Strasse verhaftet worden, weil er vor Jahren eine VHS-Kassette ausgeliehen und nie retourniert hatte. Die Strafanzeige datierte aus dem Jahr 2002, und natürlich existierte die Videothek, die sie aufgegeben hatte, längst nicht mehr.

Früher gab es auch bei «Les Videos» viel Laufkundschaft. Bloss – und das habe ihn «uhuere gestresst», sagt Guido Rhyn – waren viele der Kunden «totale Freaks»: Die rannten ihm die Bude ein, um den neuen «Bond» an dem Abend zu sehen, an dem er rauskam. Für spezielle Kunden der etwas anderen Art organisierte sein Nachfolger Fabio Feller auch schon mal private Vorführungen im Laden. Zum Beispiel für König Kraska, das im Herbst 2016 verstorbene Zürcher Stadtoriginal. «Er war ein grosser Fan von Pedro Almodóvar, und manchmal sassen wir am Sonntagnachmittag zu zweit vor dem Bildschirm und schauten uns einen seiner Filme an. Zwei Päckchen Zigaretten inklusive.» Und dass «Les Videos» sämtliche Rosamunde-Pilcher-Filme am Lager hat, geht auf den Besuch einer reichen alten Dame zurück: Sie liess sich jeweils mit einem Taxi vom Nobelhotel Baur au Lac, in dem sie residierte, ins Niederdorf chauffieren, um die neuste Folge ihrer Lieblingsserie persönlich abzuholen.

Der Untergang: Innert weniger Jahre bricht der Umsatz ein

Heute bildet die Kundschaft von «Les Videos» eine eingeschworene Gemeinschaft. Wenn der ebenfalls in Zürich ansässige «Filmriss» im Juni 2017 schliesst (vgl. «‹Hier trifft man Leute, redet über Film›» ), wird «Les Videos» bald die letzte Videothek ihrer Art sein. Nicht nur in der Deutschschweiz, wo man die Videotheken mittlerweile an einer Hand abzählen kann. Der Schweizerische Video-Verband (SVV) erhebt schon seit Jahren keine Zahlen mehr – aber Mitte der neunziger Jahre sollen hierzulande noch über 550 Videotheken existiert haben. Als 1997 DVDs als neues Trägermedium aufkamen, verlieh das der Branche nochmals enormen Schub. «Das war der Wahnsinn!», erinnert sich Feller: «Plötzlich konnte man Filme in Originalversion mit Untertiteln oder in verschiedenen Sprachen schauen.»

In den USA kletterte die Zahl der Videotheken kurz nach der Jahrhundertwende auf über 30 000 an. Doch die Freude währte kurz. Das Aufkommen von Streaming und Internetdiensten wie Video-on-Demand und Netflix leitete in der zweiten Hälfte der nuller Jahre einen rapiden Zerfall ein: Die Videotheken in den USA kollabierten innerhalb von fünf Jahren. Die letzte «Blockbuster»-Filiale schloss 2014 ihre Tore – im Jahr, in dem mit Streaming erstmals mehr Geld verdient wurde als mit dem DVD-Verleih. Auch in der Schweiz ist das Geschäft mit den physischen Datenträgern total eingebrochen: Im Vergleich zu 2011 hat sich der Umsatz 2015 halbiert.

Fabio Feller glaubt nicht an ein rasches Ende der DVD. Das Filmangebot im Netz kann dem Sortiment von «Les Videos» in keiner Art und Weise das Wasser reichen. Trotzdem ist die Videothek zu einem der letzten kulturellen Biotope geworden, die ums Überleben kämpfen. In den USA scheint die letzte Schlacht bereits geschlagen. Als «Video Archives» aufgeben musste, kaufte Tarantino nahezu den gesamten Bestand an DVDs und VHS-Kassetten auf. «Eine Kultur ist verloren gegangen», bilanziert er, «und nichts Erstrebenswertes hat ihren Platz eingenommen.» Kevin Smiths Kulturpessimismus hat da wenigstens noch einen ironischen Unterton: Die Welt sei so fett geworden, weil die Menschen aufgehört hätten, zur Videothek zu gehen.

Feller gibt sich nicht geschlagen. «Les Videos» ist längst zu einer gefragten Anlaufstelle im Kulturbetrieb geworden – Zürcher Kinos wie das Xenix oder das Filmpodium nutzen die Videothek für Recherchen ebenso wie das Schweizer Fernsehen oder das Schauspielhaus Zürich. Trotzdem hat die Stadt ein Subventionsgesuch – es ging um 20 000 Franken jährlich – abgelehnt. Als Feller 2013 just diesen Betrag von einer treuen Kundin als Spende erhielt, sei dies «ein Geschenk mit unglaublicher Symbolkraft» gewesen. Er beschloss, fortan ganz auf seine Kundschaft zu setzen, und gründete 2014 einen Verein: Wer die jährliche Flatrate von 365 Franken bezahlt und damit gratis und unbeschränkt Filme ausleihen kann, ist automatisch Mitglied. Zur ersten GV im Herbst 2016 kamen 35 Mitglieder.

Fabio Feller ist zuversichtlich: «Der Laden ist grösser als wir.»

Sämtliche Zitate von Quentin Tarantino und Kevin Smith stammen aus «I Lost It at the Video Store. A Filmmakers’ Oral History of a Vanished Era» von Tom Roston (The Critical Press, 2015).