Die Flugwaffe im Ausland: Die Schweiz und Südafrika

Nr. 17 –

Die Luftwaffen beider Länder setzen den Mirage ein. Und beide profitieren sie, wenn sich die Piloten über ihre Erfahrungen austauschen und gemeinsam trainieren - die einen, weil sie selber keine Ernsteinsätze fliegen, die andern, weil sie international geächtet und an technischem Know-how interessiert sind.

1993 wird bekannt, dass zwischen 1983 und 1988 ein geheimes Pilotenaustauschprogramm zwischen der Schweiz und Südafrika bestanden hat. Der damals amtierende Kommandant der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen Arthur Moll übernimmt am 4. April 1993 die Verantwortung. Organisiert wurde das Programm aber von Peter Regli, dem ebenso umtriebigen wie umstrittenen späteren Chef des Schweizer Nachrichtendienstes, der 1981 zum Leiter des Flugwaffen-Nachrichtendiensts ernannt worden war. Die Geschäftsprüfungsdelegation des Nationalrats orientiert am 28. September 1993 über den Sachverhalt. Sie stellt keine rechtlichen Verletzungen fest, moniert aber, dass der «Vorrang der Politik vor dem Militär» missachtet worden sei, «da die entsprechenden Informationen im Wissen um deren politische Brisanz den zuständigen Departementsvorstehern vorenthalten worden seien».

Südafrika wird wegen seines Apartheidregimes in den achtziger Jahren von fast allen Ländern geächtet. Am 4. November 1977 hat der Uno-Sicherheitsrat die Resolution 418 verabschiedet, die ein Waffenembargo gegen Südafrika vorsieht, das auch das Nicht-Uno-Mitglied Schweiz zunächst faktisch befolgt. Südafrika führt zudem einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen Namibia und greift militärisch in Konflikte in Angola und Moçambique ein.

Noch während das Austauschprogramm läuft, sagt der Bundesrat 1987, die Schweiz habe «alle notwendigen Massnahmen» getroffen, um das Uno-Embargo gegen den Apartheidstaat Südafrika gemäss Uno-Resolution 591 von 1986 einzuhalten. Diese präzisiert und erweitert die Resolution 418 und verlangt von allen Staaten, «sich der Teilnahme jeglicher Aktivität in Südafrika zu enthalten, von der sie annehmen müssen, dass diese zur militärischen Schlagkraft des Landes beitragen kann». Der Schweizer Abrüstungsexperte Peter Hug bezeichnet den Pilotenaustausch als «fliegerische Entwicklungshilfe für die Apartheidpiloten», SP-Nationalrat Paul Rechsteiner als «ein offenes Bekenntnis zum Apartheidstaat Südafrika».

Der Bundesrat rechtfertigt noch 1999 das Austauschprogramm mit «Informationsbedürfnissen und der Verteidigungspflicht der Schweiz». Er fügt an: «Über die Frage der Rechtmässigkeit hinaus lässt sich im Nachhinein erörtern, ob es unter aussenpolitischen oder moralischen Gesichtspunkten angebracht gewesen sei, mit der damaligen südafrikanischen Regierung eine solche Zusammenarbeit zu unterhalten. Ausschlaggebend für den Entscheid war in erster Linie der Wille, den Schweizer Piloten zu einer optimalen Vorbereitung für den Kriegsfall zu verhelfen.»

Vereinzelte Trainings im Ausland finden seit dem Kauf des Mirage statt. Dieser durchbricht als erster Schweizer Kampfjet regelmässig die Schallmauer und könnte damit Lawinen auslösen. Ausserdem belästigen die vielen Knalle und die lauten Tiefflugübungen die Bevölkerung. 1965 erproben drei Hunter im schwedischen Kalmar neue Waffen, zwei Jahre später üben Schweizer Miragepiloten vor der französischen Atlantikküste bei Cazaux. Aber erst ab 1977 werden solche Auslandeinsätze regelmässig organisiert, so etwa im schwedischen Vidsel. Mit Israel findet in den siebziger Jahren ein Pilotenaustausch statt. Ab 1985 trainieren Schweizer Piloten in Sardinien den Tiefflug, ab 1991 von Grossbritannien aus über der Nordsee. Auch der Nachtflug wird gerne im Ausland trainiert, letztmals vom 12. November bis 7. Dezember 2007 mit sechs F/A-18 Kampfjets im norwegischen Oerland.

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