Alternativanlagen: Transparenz total

Nr. 48 –

Wie kann man sein Erspartes ethisch korrekt und ohne grosses Risiko anlegen? Viele Möglichkeiten gibt es in der Schweiz nicht.


Das Enttäuschende gleich vorweg. Das meiste Geld, das in der Schweiz in den letzten Jahren im weitesten Sinne nachhaltig angelegt wurde, floss in Aktienfonds. Dadurch sind diese Fonds genauso vom Wertverlust an den Börsen betroffen wie gewöhnliche Aktien (vgl. Kasten). Seit dem Ausbruch der Finanzkrise hat sich der Wert aller Aktien weltweit mehr als halbiert.

Das bestehende Angebot an nachhaltigen Anlagen ist grundsätzlich auf folgende drei Bedürfnisse abgestimmt. Es gibt Anlageprodukte, die es ermöglichen,

nicht von bestimmten Geschäften und Branchen zu profitieren wie beispielsweise von der Rüstungsindustrie, der Gentechnologie oder der Atomwirtschaft;

genau zu wissen, was mit dem angelegten Geld geschieht und woher die Rendite stammt;

mit dem angelegten Geld soziale und ökologisch sinnvolle Projekte zu finanzieren.

Die meisten der nachhaltigen Aktien- und Obligationenfonds arbeiten mit einfachen Ausschlusskriterien. Damit wird jedoch bereits das zweite Kriterium nicht erfüllt: Beim Kauf von Fondsanteilen landet das Geld nämlich nicht direkt bei den Firmen, die im Fonds sind, sondern bei den VerkäuferInnen der Aktien. Es kann also durchaus sein, dass ein nachhaltiger Fonds von einem Investor Aktien kauft, der mit dem Ertrag aus dem Geschäft dann etwa auf die Malediven fliegt oder in eine Rüstungsfirma investiert. Nochmals schwieriger wird es, wenn man den Anspruch hat, dass die eigene Geldanlage zusätzlich eine positive Wirkung in der Realwirtschaft hat.

Grün mit Wermutstropfen

Auf das Bedürfnis, genau wissen zu wollen, wie und wofür das eigene Geld verwendet wird, reagieren Förderobligationen der Alternativen Bank Schweiz (ABS) oder Konten der Freien Gemeinschaftsbank. Beide Banken publizieren jährlich eine Liste aller KreditnehmerInnen, die dafür auf das Bankgeheimnis verzichten. So wissen die AnlegerInnen genau, woher ihre Rendite stammt. Zudem können sie so den Anlagebereich bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen.

Dennoch bleibt ein Wermutstropfen: Beide Banken finanzieren primär in Immobilien. Von der ABS gingen 2007 rund 73 Prozent der Kredite an Immobilienprojekte, die nachhaltig produzierende Landwirtschaft und alternative Energien erhielten lediglich je 2,5 Prozent der Kredite.

Es ist paradox: Die Abkehr von fossilen Energieträgern, die notwendig ist, um eine Klimakatastrophe zu verhindern, erfordert eigentlich gigantische Investitionen in effiziente und energiesparende Technologien sowie in den Aufbau einer kleinräumigen, dezentralen Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energieformen. Und trotzdem gibt es für KleinanlegerInnen in der Schweiz kaum Möglichkeiten, ihr Geld in konkrete Projekte für alternative Energieformen anzulegen.

Natürlich existieren auch in der Schweiz viele Pionierfirmen, die auf der Suche nach Kapital sind – hier liesse sich durch den Aufbau neuer Firmen mit einem wirklich nachhaltigen Geschäftsmodell wohl am meisten bewegen. Doch dabei würde es sich um klassisches Risikokapital handeln: Die AktionärInnen tragen in einem solchen Fall das volle unternehmerische Risiko. Zudem ist der Aufwand hoch, herauszufinden, welche Firmen am ehesten das Potenzial haben, langfristig erfolgreich zu sein. Für KleinanlegerInnen, die für ihr angelegtes Geld eine hohe Sicherheit erwarten, ist dies keine empfehlenswerte Strategie. Dennoch bieten die Solarspargenossenschaft, die ADEV Energiegenossenschaft sowie die Firma Edisun Power AG die Möglichkeit, Geld etwas risikoärmer in Energieprojekte anzulegen.

Kein Geld für den Süden

Ein weiteres Paradox besteht darin, dass in den letzten Jahren massiv Kapital aus dem Süden in die Industrieländer des Nordens geflossen ist. Dies obwohl genau in den Entwicklungsländern die grössten unbefriedigten Bedürfnisse bestehen. Wäre es nicht schön, diese Prozesse liessen sich im Kleinen umkehren, während dabei sogar noch eine bescheidene Rendite herausspringen würde?

Derzeit gibt es keine Möglichkeit, jemandem in einem Entwicklungsland direkt von der Schweiz aus einen Mikrokredit zu gewähren. Doch man kann sich an einer Kreditgenossenschaft (Oikocredit) oder an einem Fonds wie beispielsweise dem Global Microfinance Fund der Erklärung von Bern beteiligen, die Mikrofinanzinstitutionen refinanzieren und ihnen so Kapital verschaffen, damit sie mehr Mikrokredite vergeben können. Wer bereit ist, ganz auf eine Rendite zu verzichten, kann sein Geld auch in einem Garantiefonds (Fonds International de Garantie) anlegen.

Die ideale Anlagemöglichkeit, die den hohen Ansprüchen nach sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit genügt und gleichzeitig eine überdurchschnittliche Rendite abwirft, gibt es also nicht. Kompromisse sind unausweichlich. Selbst die Alternative Bank, die versucht, alles anders als die Grossbanken zu machen, kam anfänglich nicht ohne Kompromisse aus: 37 Prozent ihres Gründungskapitals stammte aus Erträgen von konventionellen Anlagen.

Andreas Missbach arbeitet bei der Erklärung von Bern zum Thema «Banken und Finanzplatz». Er ist Autor von «Saubere Renditen, ökologisch und sozial verantwortungsvoll investieren» (2007).

www.evb.ch/geld

Die Zeit des Zockens ist vorbei

2007 war für die nachhaltigen Geldanlagen in der Schweiz ein gutes Jahr: Sie nahmen um 67 Prozent auf dreissig Milliarden Franken zu. Nachhaltig investiert wurde vor allem in Aktien (83 Prozent), gefolgt von Obligationen (11 Prozent). Fonds, bei denen ökologische, soziale und ethische Kriterien berücksichtigt werden, sind stärker angewachsen als der Fondsmarkt in der Schweiz insgesamt. Trotz allem fristen die nachhaltigen Anlagen mit einem Anteil von knapp fünf Prozent weiterhin ein Nischendasein.

Leider sind die nachhaltigen Fonds genauso vom Wertverfall an den Börsen betroffen wie die konventionellen Aktienanlagen. Der Einfluss aller nachhaltigen InvestorInnen an den Börsen ist zu gering, als dass sich Unterschiede im ökologischen und sozialen Verhalten von Unternehmen oder in dauerhaften Kursunterschieden zeigen würden. Vielmehr bewegen sich auch die Kurse der nachhaltigen Fonds im Auf und Ab der Börsen, das von Modeerscheinungen, Booms und Crashs bestimmt wird.

So hatten ab Ende 1998 bis etwa Mitte 2001 verschiedene nachhaltige Fonds besser rentiert als die konventionellen Fonds. Daraus zog man in der Öffentlichkeit schnell den Schluss, dass nachhaltige Unternehmen allgemein profitabler seien. Nach dem Platzen der New-Economy-Blase und dem Zusammenbruch der Hightechaktien 2002 zeigte sich aber ein völlig anderes Bild. Damals waren viele nachhaltige Fonds besonders stark betroffen. Ihr Höhenflug zuvor war lediglich darauf zurückzuführen, dass sich aufgrund der Ausschlusskriterien (vgl. Haupttext) überproportional viele Technologie-, Telecom- und Finanzunternehmen in den Fonds befanden, deren Kurse vor dem Crash besonders stark zugelegt hatten.

Wäre nun, da die Aktien billig sind, der geeignete Zeitpunkt, in nachhaltige Aktienfonds zu investieren? Auch die britische Wirtschaftszeitung «Financial Times» spekulierte Anfang November darüber, ob jetzt «time to buy», Zeit zum Kaufen, sei.

Kurz darauf kam allerdings die Meldung, dass Rainer Marc Frey, Hedgefonds-Manager und neuer UBS-Verwaltungsrat, all seine Aktien verkauft hat. Ein jetziger Kauf von Aktien wäre auf jeden Fall eine Anlagestrategie mit hohem Risiko. Das zeigt ein Blick in die Geschichte: Nach dem Börsencrash von 1929 hatten die Kurse erst Ende 1954 wieder ihr ursprüngliches Niveau erreicht. Zwischen den sechziger und den achtziger Jahren stiegen die Börsenkurse kaum. Der Aktienindex der Schweizerischen Nationalbank (ein Vorläufer des Swiss Market Index) verlor von 1972 bis 1982 sogar mehr als zehn Prozent seines Werts.

Angesichts der Ausmasse der gegenwärtigen Krise und der grossen Unsicherheit über die weitere Entwicklung ist es gut möglich, dass Aktienfonds auf lange Zeit keine Renditen bringen werden. Allerdings wäre ein Ende der zweistelligen Börsenrenditen keine schlechte Sache. Um wirklich nachhaltig zu sein, muss eine Wirtschaft nämlich mit sehr viel weniger Energie und Rohstoffen auskommen und sehr viel weniger Emissionen und Abfälle produzieren, als es heute der Fall ist. Dass dadurch die hochgeschraubten Renditeerwartungen der vergangenen Boomjahre nicht erfüllt werden können, steht ausser Frage.