Fussball und andere Randsportarten: Keine Socken zum Frauentag

Nr. 10 –

Etrit Hasler über den 8. März und Frauensport

Am 8. März 1999 erschien der letzte Text meiner Mutter im «Tages-Anzeiger» – eine bitterböse Glosse darüber, dass die Welt nicht gerechter und besser würde, wenn sich Frauen aus Solidarität violette Socken in die Fenster hängen. Dazu hatte die Frauenkoalition Aargau aufgerufen. Es war das Jahr, in dem mit Ruth Metzler eine zweite Bundesrätin gewählt wurde. Und die Mutterschaftsversicherung – bekämpft von FDP, SVP und Arbeitgeberverband – wurde ein letztes Mal an der Urne abgelehnt.

Heute höre ich von jungen Frauen häufig, dass sich die Welt seither geändert habe. Frauen seien doch praktisch gleichberechtigt – die Mutterschaftsversicherung gibt es inzwischen, im Bundesrat waren die Frauen eine Zeit lang in der Mehrheit. Und die paar fehlenden Kaderpositionen, das gebe sich mit der Zeit. Wenn ich mir den Mikrokosmos Sport ansehe, kann davon noch längst keine Rede sein: Während Männer selbst im Amateursport Geld verdienen können – und das längst nicht nur im Fussball –, kämpfen Frauen selbst in so populären Sportarten wie Fussball darum, dass sie ihre Sportarten überhaupt betreiben können – von der Deckung ihrer Spesen ganz zu schweigen. Grosse Ausnahme ist da nur gerade Tennis, das laut dem «Forbes Magazine» sieben der zehn bestverdienenden Sportlerinnen auf sich vereinigt. Allen voran Maria Scharapowa mit 27 Millionen US-Dollar – ein bisschen weniger als die Hälfte dessen, was Roger Federer jedes Jahr nach Hause trägt.

Man mag mir Sexismus unterstellen: Aber hat die Ausnahmestellung des Tennis vielleicht damit zu tun, dass die Athletinnen dabei in kurzen Röckchen herumspringen und stöhnen, als würden sie gerade einen BDSM-Porno synchronisieren? Das würde zumindest erklären, weshalb auf der «Forbes»-Liste auch noch eine chinesische Eiskunstläuferin figuriert. Oder weswegen das Olympische Komitee (IOK) letztes Jahr laut darüber nachdachte, Boxerinnen nur im Rock statt mit Boxershorts in den Ring steigen zu lassen.

Die einzig richtige «Ausrutscherin» auf der «Forbes»-Liste entstammt – vielleicht wenig überraschend – einer Männersportart: die Nascar-Rennfahrerin Danica Patrick. Entgegen dem sonst üblichen Sportapartheidsystem fährt Patrick in einer gemischten Liga – in der sie übrigens den Rekord für die meisten zu Ende gefahrenen Rennen hält. So viel zum Klischee, Frauen könnten nicht Auto fahren.

Und tatsächlich gibt es gar nicht so viele Sportarten, die nicht gemischt betrieben werden können: Im Volleyball funktioniert das. Im Eishockey dürfen Frauen zumindest als Torhüterinnen mitspielen. Letzteres versuchte vor kurzem die US-amerikanische Fussballnationaltorhüterin Hope Solo: Nachdem die US-Frauenfussballliga ein weiteres Mal ihren Betrieb eingestellt hatte, bemühte sich Solo, bei einem Männerklub unterzukommen. Einen Vertrag hätte sie erhalten, aber die Fifa intervenierte, genauso wie der Fussballverband schon intervenierte, als die AC Perugia Calcio versuchte, die Starfussballerinnen Hanna Ljungberg und Birgit Prinz zu verpflichten. Zugegeben, die Spielerinnen selber waren skeptisch, weil sie befürchteten, nur als Marketinggag herhalten zu müssen. Immerhin hätten sie nicht im Röckchen auflaufen müssen.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Frauensport hat grosse Fortschritte gemacht. Sogar beim IOK hat man inzwischen gemerkt, dass es nicht geht, Frauen nur gerade zu den Sportarten zuzulassen, wo sie noch ein bisschen süss aussehen. 2014 in Sotschi werden nach langem Kampf endlich auch die Skispringerinnen antreten dürfen. Nur Geld werden sie auch in naher Zukunft damit keines verdienen können.

Wenn Sie also eine junge Frau treffen, die behauptet, es gebe keinen Ort mehr, an dem sie für die Gleichberechtigung kämpfen müsse, empfehlen Sie ihr doch, mit Sport anzufangen. Damit wäre auch vierzehn Jahre später mehr Solidarität bewiesen als mit violetten Socken.

Etrit Hasler kann nicht Nascar-Rennen fahren und ist überzeugt, dass ihm Frauen auch 
in jeder anderen Sportart das Wasser reichen können.