Einwanderung: Wachstumskritik statt MigrantInnenbashing

Nr. 9 –

Ein Begriff fällt oft im Nachgang der Abstimmung vom 9. Februar 2014: Wachstumskritik. Sein Gebrauch ist allerdings unscharf: Ist Kritik am Wirtschafts- oder am Bevölkerungswachstum gemeint?

Diese Unschärfe ist nicht neu. Bereits in der 1972 vorgestellten Studie «Die Grenzen des Wachstums» des Club of Rome ging es um beides. Klar – weniger Menschen können die Umwelt stärker verschmutzen, bis es ernsthafte Probleme gibt. Trotzdem sind Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum zwei verschiedene Dinge. Und Bevölkerungswachstum in einem einzelnen Land durch Migration – darum geht es zurzeit meistens, wenn hierzulande der Begriff «Wachstum» fällt – ist noch mal etwas ganz anderes, denn es hat etwa im Fall der Schweiz kaum mit dem Wachstum der Weltbevölkerung zu tun. Auch wenn der Verein Ecopop mit seiner Initiative, die nun von der Staatspolitischen Kommission des Ständerats für gültig erklärt wurde, genau das suggeriert.

Wer sich an der Wirtschaftsmigration in die Schweiz stört, sollte nicht über Migration, sondern über Wirtschaft reden. Über Steuerpolitik, Holdings und den Zwang zum Wirtschaftswachstum. Wobei es hier nicht einfach um Meinungen geht: Ohne Wachstum keine Kredite, keine Rendite. Unser heutiges Wirtschaftssystem muss wachsen, sonst funktioniert es nicht mehr. Damit fährt es auf einem begrenzten Planeten früher oder später an die Wand. Wie eine Wirtschaft ohne oder fast ohne Wachstum aussehen könnte, wäre eine der dringlichsten Fragen überhaupt.

Wie viele Leute in die Schweiz einwandern, hat mit dieser Frage herzlich wenig zu tun. Das haben jene vergessen, die das Ja am 9. Februar 2014 zu einem antineoliberalen Sieg umdeuten, etwa der «Zeitpunkt»-Herausgeber Christoph Pfluger auf «Telepolis». Es ist weder antikapitalistisch noch antineoliberal, MigrantInnen von ihren Familien zu trennen und noch stärker nach Nützlichkeit zu sortieren als bisher. Die Demonstration in Bern am Samstag, 1. März 2014, 14.30 Uhr, Bundesplatz, soll genau das in Erinnerung rufen: «Wir wollen solidarisch sein mit allen Menschen unabhängig von ihrem Pass», heisst es im Aufruf. Danke für zahlreiches Kommen.