Unternehmenssteuerreform III: «Mit aller Kraft bekämpfen»

Nr. 26 –

Im Herbst kommt die Unternehmenssteuerreform III in die Vernehmlassung, mit der die Firmen um Milliarden entlastet werden sollen. SP-Nationalrat Cédric Wermuth will mithilfe der Parteibasis die SP auf Gegenkurs bringen.

Die SP Schweiz bringt sich in Stellung. An diesem Wochenende wird sie am Parteitag in Winterthur die Unternehmenssteuerreform III debattieren, die der Bundesrat diesen Herbst in die Vernehmlassung schicken will. Der Expertenbericht, den Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf kurz vor Weihnachten vorlegte, zeigt klar, in welche Richtung die Reform gehen soll: Die Kantone sollen, so wie es die EU verlangt, ihre Sondersteuerregimes abschaffen und den Firmen stattdessen neue Steuervergünstigungen gewähren.

Innerhalb der SP geht das Seilziehen los. Auf der linken Seite macht Nationalrat Cédric Wermuth den ersten Zug. «Ich bin heute überzeugt», sagt Wermuth, «dass wir die Reform mit aller Kraft bekämpfen müssen.» Er kritisiert nicht nur die hohen Steuerausfälle, die die diskutierten Vorschläge zur Folge hätten, wie dies viele seiner GenossInnen tun. Die Reform, davon ist der Aargauer überzeugt, hätte auch verheerende Folgen für Europa. Länder wie Frankreich oder Spanien, die in Schulden versinken, könnten ihre Steuern nicht erhöhen, weil ihre Firmen sonst in Steuerparadiese wie die Schweiz abwanderten. «Also wird weiter auf dem Buckel der Menschen gespart.»

Der Bundesrat, kritisiert Wermuth, wolle mit der Reform die Spitzenposition der Schweiz im internationalen Steuerwettbewerb verteidigen oder gar ausbauen. «Das Land findet nicht aus der Standortlogik heraus. Damit gehen in Europa Milliarden an Steuereinnahmen verloren.»

Eine rote Linie

Wermuth will deshalb den Delegierten in Winterthur eine Resolution vorlegen, die über das allgemeine Positionspapier zur Steuergerechtigkeit hinausgeht, das die Partei am Samstag behandeln wird. Die Resolution («Den Klassenkampf von oben stoppen – jetzt!») definiert erstmals ein paar rote Linien, die die Steuerreform nicht überschreiten dürfe. Erstens: Es dürfen keine Lizenzboxen eingeführt werden, wie dies der Bundesratsbericht vorschlägt. Mit einem solchen Steuerkonstrukt sollen etwa Patente oder Markenrechte privilegiert besteuert werden können. Zweitens: Die Steuerausfälle müssen vollständig von den Firmen kompensiert werden anstatt etwa durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Und drittens: Die Schweiz muss sich vom internationalen Steuerwettbewerb verabschieden. Punkt.

Würden diese Bedingungen nicht erfüllt, so die Resolution, müsse die SP das Referendum gegen die Reform ergreifen.

Kritik an Kantonsregierungen

Mit seinem Vorschlag für die Delegiertenversammlung, das formal höchste Parteiorgan, will Wermuth seine Partei auf Kurs bringen. Derzeit, beklagt Wermuth, herrsche unter vielen GenossInnen die Meinung vor, dass die Schweiz als einzelnes Land gar nicht anders könne, als im internationalen Steuerwettbewerb vorne mitzumischen. Im Visier hat Wermuth insbesondere gewisse kantonale Exekutiven wie etwa die rot-grün dominierte Regierung von Basel-Stadt, in der sich SP-Finanzministerin Eva Herzog seit Monaten für die Lizenzboxen starkmacht. Wermuth: «Sozialdemokraten, die an der Regierung sind, handeln oft wie Bürgerliche. Wenn sich aber selbst unsere Regierungen den Wünschen der Konzerne unterwerfen, kommen wir nie aus der Logik des Standortwettbewerbs heraus.»

Die SP-Geschäftsleitung ist um einen Kompromiss bemüht. Sie empfiehlt Wermuths Resolution nur unter gewissen Vorbehalten zur Annahme. In ihrem Gegenentwurf hat sie insbesondere die Lizenzboxen als Grund für ein Referendum gestrichen. Schliesslich, so die Begründung, begrüsse die SP das Ziel der Reform, die Sondersteuerregimes abzuschaffen. Deshalb sei die Messlatte zur Ergreifung des Referendums hoch anzusetzen. Wermuth will an seiner strengeren Version festhalten, wie er der WOZ sagt.

Nun ist es an der Parteibasis zu entscheiden, welchen Kurs die SP in einem der entscheidendsten Geschäfte der kommenden Jahre einschlagen soll.