Swiss Radio Day: Die Sprache verschlagen

Nr. 37 –

Am 3. September 2014 traf sich die Schweizer Radiobranche im Zürcher «Kaufleuten». Zum zwölften Mal starrte man sich am «Swiss Radio Day» gegenseitig auf den Bauch: Die Bändel mit den Namenskärtchen hingen um die Hälse, aus denen die Stimmen kommen, die momentan die Radiolandschaft prägen. Vermisst wurden vor allem Frauenstimmen, jedenfalls bis um 15.15 Uhr. Dann kam Laura-May Coope, ehemalige Social-Media-Managerin von BBC Radio One, und sorgte dafür, dass es den Schweizer RadiochefInnen die Sprache verschlug.

Aber der Reihe nach: «Wie können wir mehr Geld umsetzen?» war die eigentlich zentrale Frage. Nicht umsonst hiess die Pause jeweils «Networking Break», und «Radio» wurde zu «Radioveranstalter». Der Wettbewerb kreiert neue Begriffe. Medienethische Diskussionen gab es keine. Bevor die Autobranche sich am Nachmittag rechtfertigte, wieso sie sich beim Einbau von Digitalradios (DAB+) in ihren Modellen so ziert, erfuhr man am Vormittag, dass die Schweiz in diesem Bereich Vorreiterin ist. Hier besitzen schon 1,5 Millionen Personen ein DAB+-Radio. Die Entwicklung ist klar: UKW-Frequenzen geraten in Bedrängnis, weil DAB+ für die Sender billiger ist.

Bis eine Frau auf die Bühne trat, ging es eine Weile. Ladina Heimgartner, Direktorin von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR), musste sich die zehnminütige Sprechzeit noch mit ihrem Tessiner Kollegen Maurizio Canetta teilen. Vor dem Moderator Michel Erismann musste sie sich erst zum Thema Quotenfrauen rechtfertigen und dann beantworten, ob sie als junge Frau die Bedürfnisse älterer HörerInnen «spüren» könne. Canetta wies nebenbei darauf hin, dass er anfing, Radio zu machen, als Heimgartner auf die Welt kam. Die Grabenkämpfe gehen nicht nur um Hörerzahlen und Werbegeld, sondern auch um Prestige und Geschlecht.

Zum Glück war da Laura-May Coope. Die dreissigjährige Engländerin hat Radio BBC One für das Internetzeitalter gerüstet. Sie vernetzte den Sender online mit fünf Millionen Fans, plötzlich war BBC One auf allen Social-Media-Kanälen präsent. Ihre Ideen waren einfach umsetzbar und mutig. Sie gipfelten darin, dass das BBC-Orchester ein Justin-Bieber-Cover einspielte. Leider war der Saal bei Laura-May Coope nur halb voll. Die andere Hälfte der Schweizer Radiobranche war da schon wieder beim Networken – und hat so verpasst, dass Coope zufolge der klassische Networking Break tot ist.