Medientagebuch: Weiter mit Rosa und Clara

Nr. 42 –

Die feministische Zeitschrift «Rosa» ist wieder da.

Sie hatte fast alles, was eine Zeitung braucht: Ideen, treue AbonnentInnen und stabile Finanzen. Trotzdem ging «Rosa. Zeitschrift für Geschlechterforschung» 2012 ein. Die Redaktion fand keine Autorinnen, um das Blatt weiterzuführen. Nun ist «Rosa» zurück – neu als «RosaRot». Dabei ist das Rot keine sprachliche Spielerei, sondern politisches Programm.

Aber nochmals von vorn. «Rosa» entstand Anfang der neunziger Jahre an der Uni Zürich. Eine Gruppe von Geschichtsstudentinnen kritisierte, dass Frauengeschichte im Studium zu kurz komme. Die Frauen gründeten deshalb eine Zeitschrift, die bald mit einer Auflage von mehreren Hundert Exemplaren erschien. In den gut zwanzig Jahren erlebte die «Rosa» einen Wandel vom politischen Blatt junger Geschichtsstudentinnen hin zu einem institutionalisierten Forum für Geschlechterforschung. Mit der wachsenden Wissenschaftlichkeit schrumpfte allerdings der politische Anspruch. Diesem wollen die Redaktorinnen des Nachfolgeblatts – die Hälfte davon studiert an der Theologischen Fakultät – nun wieder gerecht werden.

Eine feministische Zeitschrift mit dem Namen «RosaRot», tönt das nicht paradox? In den letzten Monaten hatten die Redaktorinnen oft den Vorwurf gehört, dass sie damit die Klischees von Lifestylemagazinen für Frauen erfüllen würden. «Der Name soll provozieren, aber in erster Linie wollen wir damit an die Geschichte anknüpfen; an diejenige der Zeitschrift selbst sowie an die der Frauenbewegung», sagt Redaktorin Léa Burger. Der Name Rosa stehe zwar für eine politische Tradition, aber er werde leider immer weniger mit marxistischem Feminismus in Verbindung gebracht. «Mit dem Rot wollen wir uns in die widerständige Frauengeschichte einreihen und die Ideen von feministischen Kämpferinnen wie Rosa Luxemburg und Clara Zetkin weiterdenken.»

In der neuen «Rosa» werden deshalb weniger wissenschaftliche Artikel im Sinn der Genderstudies abgedruckt als früher – auch mit dem Ziel, die Zeitschrift für eine weitere LeserInnenschaft zu öffnen. In der aktuellen Ausgabe geht es um das breit gefasste Thema «Frau werden». Dabei distanzieren sich die Redaktorinnen von der Vorstellung, dass Personen ihr Geschlecht selbst konstruieren, wie dies in den Genderstudies durch Judith Butler populär gemacht wurde. Die Autorinnen schreiben nicht von Stereotypen und Geschlechterrollen, sondern kritisieren vielmehr, dass die Reproduktionsarbeit zu Hause nicht als Arbeit entlöhnt wird. Das Rot der «Rosa», das Politisieren von Frauenthemen, heisst hier also, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ökonomisch zu deuten – und darüber zu schreiben.

Frauen müssen heute nicht mehr um ihr Stimmrecht kämpfen und veraltete Rollenbilder anprangern. In der vermeintlich gleichgestellten Welt bekommen viele Frauen die Diskriminierung meistens nicht einmal mehr mit. Heute wird kaum noch jemand einer jungen Frau raten, der Familie zuliebe nicht studieren zu gehen. In Zürich sind sogar mehr Frauen an der Universität eingeschrieben als Männer. Aber dafür ist nur jeder fünfte Lehrstuhl von einer Professorin besetzt. Die Probleme sind weniger offensichtlich geworden. Umso mehr braucht es Stimmen wie die der «RosaRot», um sie wieder sichtbar zu machen – an der Universität und darüber hinaus.

«RosaRot» wird künftig zweimal jährlich mit einer Auflage von 500 Exemplaren erscheinen. Die erste Auflage war so schnell vergriffen, dass eine zweite gedruckt werden muss.

Nina Kunz ist Redaktionsleiterin der «Zürcher Studierendenzeitung» und Praktikantin auf der Inlandredaktion der WOZ.