Zürcher Wahlen: Leistung muss sich wieder lohnen

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Der freisinnige Wirtschaftsminister ist der unbeliebteste Bundesrat. Keinem wird so wenig zugetraut wie Johann Schneider-Ammann. Trotzdem gewinnt seine Partei die Zürcher Wahlen. Ein krasser Widerspruch. Der FDP wird am meisten Wirtschaftskompetenz zugesprochen. Aber ausgerechnet in der Partei, die Leistung fordert, spielt Leistung keine Rolle. Vergessen die klägliche Rolle des Freisinns in der Finanzkrise, vergessen sein eiserner Kampf fürs Steuerhinterziehungsgeheimnis, vergessen, wie trotzig er sich gegen strengere Regeln im Bereich der Geldwäscherei stemmt.

Der Erfolg der FDP gründet wohl auf einer Art Konsolidierung. Wenn sie diesen Schwung bis in den Herbst mitnehmen will, sollte sie ihren Slogan gegen die Linke neu auf die SVP anwenden: «Keine rechten Experimente».

Für die nationalen Wahlen zeichnet sich ab: Die Bürgerlichen erleben einen Aufschwung, die SP versucht mit einem Callcenter, den Wahlkampf ins 21. Jahrhundert zu überführen. Und was unternehmen die Grünen?

Einthemenparteien sind wie Böller: Viel Lärm, aber die Wirkung verpufft rasch. Ganz so schlimm steht es nicht um die Grüne Partei, aber nach den Niederlagen in Luzern, Baselland und nun in Zürich steht ein schwieriger Wahlkampf bevor. Eine klare Strategie ist nicht erkennbar. Das Kernthema der Grünen wurde vom Mainstream aufgesaugt. Sinnbildlich dafür ist der siegestrunkene FDP-Präsident Philipp Müller, der nach den Wahlen wahrheitsfrei behaupten darf, die FDP kümmere sich um die Umwelt.

Nicht von der Hand zu weisen ist der Einwurf der grünen Kämpen Jo Lang und Ueli Leuenberger, die Grünen müssten wieder linker und sozialer auftreten. In zwei Bereichen gelingt das: bei der Überwachung und der Migration. Hier wirken die Grünen als Korrektiv einer mutlosen und von Strategiediskussionen gelähmten SP. Aber es ist ein dramatisches Zeichen, dass diese beiden Themenfelder von nur einem Grünen abgedeckt werden: dem Fraktionspräsidenten Balthasar Glättli. Wo bleibt der Rest?

Das Resultat der Alternativen Liste in Zürich zeigt, dass ein prononciert linker Kurs erfolgreich sein kann. Hier müssen die Grünen aufholen. Wenn der Platz links der SP nicht besetzt wird, droht ein kollektiver Rechtsrutsch.