Im Affekt: Das rettende Holzfloss

Nr. 38 –

Wie misst man Erfolg? Wie Scheitern? «Ich fands toll», sagte Christian Jankowski, Künstlerkurator der soeben in Zürich zu Ende gegangenen Kunstbiennale Manifesta, im «Tages-Anzeiger». Und machte so den Erfolg der millionenteuren, aufwendig über die halbe Stadt verstreuten internationalen Kunstsause einfach zu seiner Privatsache. Dabei mochte zum Schluss nicht einmal mehr der Medienpartner «Tages-Anzeiger» jubeln, der Jankowski nach seiner Ernennung 2014 noch vorauseilend als «Balsam auf die eitrige Wunde der Zürcher Kulturpolitik» gelobt hatte. Auch die Kulturbeauftragten der Stadt bilanzierten arg kleinlaut, die Manifesta habe in Zürich viele Diskussionen angeregt.

Was tun, wenn man trotzdem ein positives Fazit ziehen muss? Man sucht Zuflucht in den Zahlen. Insgesamt «fast 200 000 Eintritte» seien während der hundert Tage Manifesta zu verbuchen gewesen, angepeilt hatte man 100 000. Das klingt sehr gut. Zum Vergleich: Das Zürcher Kunsthaus hatte 2015 knapp 300 000 BesucherInnen – über das ganze Jahr verteilt. Blöd nur, dass die Zahlen zerbröseln, wenn man sie genauer anschaut. Denn von diesen «fast 200 000» Manifesta-Eintritten waren weniger als 60 000 effektiv verkauft und nicht verschenkt worden. Fast noch aufschlussreicher: Weit mehr als die Hälfte dieser Eintritte betrafen den Pavillon of Reflections, das hübsche Holzfloss, das im Seebecken vor Anker lag und mit seiner Bar, Bade- und Handyladeanlage viele Flanierende anzog. Wer Lust hatte, konnte dort auch ein wenig Kunst sehen, Making-of-Filme, die SchülerInnen zu den einzelnen Kunstwerken gedreht hatten.

Aber wenn wir jetzt mal ganz unverhältnismässig brutal hart rechnen, hatte die Manifesta bloss gut 20 000 zahlende BesucherInnen, die sich auch wirklich für die dargebotene Kunst interessierten und nicht nur für Cüpli auf dem Spassfloss. Oder anders gesagt: Die zurechtfrisierte Erfolgsbilanz dieser Manifesta riecht ein bisschen wie ihr bekanntestes Kunstwerk, Mike Bouchets Skulptur aus achtzig Tonnen parfümierter Zürcher Scheisse.

Zum Schluss hat nochmals Kurator Jankowski das Wort: «Wer den Pavillon nicht gut findet, dem ist nicht zu helfen.»