Auf allen Kanälen: Trumps Trompete

Nr. 47 –

Wie das obskure Onlineportal «Breitbart News» vom äussersten rechten Rand zu einem wichtigen Sprachrohr für Donald Trump geworden ist.

Ein schwuler Journalist geht in Begleitung eines schwarzen Pornodarstellers an ein Treffen frauenfeindlicher Gamer. Er werde von Feministinnen bedroht, sagt der «Breitbart»-Schreiber Milo Yiannopoulos darauf, und schütze sich darum mit dem, was Feministinnen am meisten fürchten würden: einem grossen Penis. Yiannopoulos ist eine identitäre Groteske – und der Zögling von Stephen Bannon, dem designierten Chefstrategen von Donald Trump im Weissen Haus. Die FAZ nennt ihn einen «Zeremonienmeister des Hasses».

Kultureller Krieg

Andrew Breitbart hatte «Breitbart» 2007 als rechte Version der «Huffington Post» gegründet, nachdem er kurz selbst für das linksliberale Original gearbeitet hatte. Doch Breitbart wollte keinen Journalismus machen, sondern einen politischen und kulturellen Krieg führen. Zur Bezeichnung des Gegners nahm er ein Schlagwort der Neuen Rechten auf: «Kulturmarxismus». Damit meinte er: politische Korrektheit, Multikulturalismus und die Zerstörung der jüdisch-christlichen Kultur. Sein Vorstandsmitglied Stephen Bannon pries er wegen dessen Film über Sarah Palin als «Leni Riefenstahl der Tea-Party-Bewegung». Breitbart verstarb 2012.

Unter seinem Nachfolger Bannon stellte sich «Breitbart» von Anfang an uneingeschränkt hinter Trump. Anschaulich macht das die Affäre um die ehemalige «Breitbart»-Journalistin Michelle Fields. Als diese nach einer Wahlveranstaltung mit Trump ein Interview führen wollte, wurde sie von Corey Lewandowski, damals Leiter der Trump-Kampagne, brutal am Arm zurückgerissen. Statt die eigene Journalistin zu verteidigen, stellte sich «Breitbart» sofort hinter Lewandowski und spielte den Vorfall herunter. Fields wurde entlassen.

«Breitbart»-Artikel sind meist nach ähnlichem Muster aufgebaut: eine tendenziöse, oft aggressiv formulierte Schlagzeile – am Wahltag zum Beispiel eine Verharmlosung von «hate crimes» durch Trump-AnhängerInnen und eine Diffamierung von DemonstrantInnen als «antidemokratische Heulsusen» –, darunter ein relativ sachlich gehaltener Text. In den Kommentaren, oft Tausende pro Artikel, entlädt sich der Hass in die Richtung, die die Schlagzeile vorgibt.

Bannon sieht «Breitbart» als Teil einer Bewegung, von der Trump nur ein Teil ist. Der 2014 gegründete Londoner Ableger setzte sich für den Brexit ein. Auch die geplanten Büros in Paris und Berlin sollen die Rechte im wichtigen Jahr 2017 unterstützen: Marine Le Pen bei der französischen Präsidentschaftswahl und die AfD bei der Bundestagswahl. Dabei sucht «Breitbart» gern den Kontakt zur «Bewegung»: Als Nigel Farage kurz nach der Präsidentenwahl im Trump Tower zu Besuch war, wurde er begleitet von Raheem Kassam, Chefredaktor des Londoner Büros von «Breitbart». Raheem ist selber Ukip-Mitglied und hat sich sogar einmal um die Parteileitung beworben, mit dem Slogan «Make UKIP great again».

Am Wahltag mehr Traffic als CNN

Zwar hat «Breitbart» immer noch viel weniger Aufrufe als die grossen US-Tageszeitungen – doch das könnte sich ändern. Die Seite erreicht die Leute vor allem über die sozialen Medien, wo laut dem Pew Research Center 62 Prozent der US-AmerikanerInnen ihre Nachrichten beziehen. Laut «New York Times» war die Facebook-Seite von «Breitbart News» am Wahltag diejenige mit dem vierthöchsten Traffic überhaupt – vor Fox News, CNN und der «New York Times».

Im Silicon Valley beginnt man zu realisieren, welche problematische Rolle die dort entwickelten sozialen Medien dabei spielen. Facebook und Google wollen nun gegen die Verbreitung von absichtlich in die Welt gesetzten falschen Nachrichten vorgehen. Und Twitter hat nach dem 8. November gleich mehrere Accounts von Vertretern der sogenannten Alt-Right-Bewegung – ein Euphemismus für das Revival der White-Supremacy-Ideologie – gesperrt.

Darunter auch Richard Spencer, der sich als geistiger Anführer der «Alt-Right» versteht und nach Trumps Sieg unweit des Weissen Hauses eine Siegesparty veranstaltete, wo er mit Hitler-Grüssen gefeiert wurde und Nazipropaganda auf Deutsch rezitierte. In einem Video bezeichnete er die Sperrung durch Twitter als «corporate Stalinism» und konstatierte mit einem Lächeln: «Das ist ein Zeichen dafür, dass wir Macht haben. Wir verändern die Welt.»