RebellInnenrätsel: Eine Freundin der Black Panthers

Nr. 7 –

Man könnte es als die grosse Tragik ihres Lebens bezeichnen – dass sie mit ihrem Äusseren die obskursten Instinkte bei Männern weckte. Als vermeintlich «unschuldiges Mädel vom Lande» nahmen sie vornehmlich ältere Herren unter ihre Fittiche, um ihr dann in ihrem Beschützerwahn fast die Luft abzudrehen. Nachdem sie mit erst siebzehn Jahren von Otto Preminger aus rund 18 000 Bewerberinnen zur Jeanne d’Arc auserkoren worden war, liess er sie auf dem Scheiterhaufen fast verbrennen und verwendete die Aufnahmen als «besonders realistisch» im Film. Mit knapp 24 Jahren heiratete sie einen Mann, der doppelt so alt war wie sie und bereits eine illustre Karriere als Bomberflieger, Diplomat und Schriftsteller (unter dem Pseudonym Émile Ajar) aufweisen konnte. Sie muss sich derweil oft wie eine seiner Figuren gefühlt haben, so wie er sie zu kontrollieren und zu manipulieren suchte.

Und dann waren da die Stalker von Vater Staat, die sie zwischen 1969 und 1972 rund um die Uhr und den Globus überwachten. Perverse Verfolgungsgelüste kamen da später in den Akten zum Vorschein: Man(n) zeichnete sie als promiskuitiv und sexuell pervers, auch wenn die Evidenz dafür fehlte. Der Presse spielten die Agenten sogar gezielt Falschinformationen zu.

In einem hatten sie recht: Sie war weit mehr als eine naive Revolutionsromantikerin, deren Herz für politisch Unterdrückte schlug. Mit vierzehn trat sie der lokalen NAACP bei, der ältesten schwarzen Bürgerrechtsorganisation der USA. Ende der sechziger Jahre unterstützte sie die Ghettoaufbauprogramme der Black Panthers mit Tausenden von Dollars und freundete sich persönlich mit ihnen an. Ein Engagement, das ihren Mann im Roman «Chien blanc» (1970) zu einem politischen Rundumschlag nicht nur gegen Rassismus, sondern auch gegen ebendieses Engagement seiner Frau veranlasste. Von den falschen Anschuldigungen des FBI, das Kind in ihrem Bauch sei von einem Black-Panther-Mitglied, sollte sie sich nie erholen: Das Kind kam als Frühgeburt zur Welt und starb, sie selbst geriet zunehmend in den Sog von Depressionen, versuchte, sich am Todestag ihres Kindes immer wieder das Leben zu nehmen – zum letzten Mal 1979, als man sie nach über einer Woche tot auf dem Rücksitz ihres Wagens fand.

Wer war die Schauspielerin, die als Zeitungsverkäuferin im gestreiften T-Shirt Filmgeschichte schrieb und der an ihrer Beerdigung Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre die Ehre erwiesen?

Wir fragten nach der US-Schauspielerin Jean Seberg (1938–1979), die mit ihrem blonden Bubikopf in Jean-Luc Godards «À Bout de Souffle» (1960) zur Ikone der Nouvelle Vague wurde. Ihr Leben gab Anlass zu Dokudramen wie Mark Rappaports «From the Journals of Jean Seberg» (1995) und Dokumentarfilmen wie «Jean Seberg. American Actress» (1995) von Donatello und Fosco Dubini.