Editorial: Die Hoffnung, zu schreiben

Nr. 20 –

  • Text aus: «Lange Nächte Tag» von Simon Froehling (2010). Illustration: Matthias Gubler, Typosalon
  • Text aus: «Einladung an die Waghalsigen» von Dorothee Elmiger (2010). Illustration: Matthias Gubler, Typosalon
  • Text aus: «Wurfschatten» von Simone Lappert (2014). Illustration: Matthias Gubler, Typosalon
  • Text aus: «Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch» von Michelle Steinbeck (2016). Illustration: Matthias Gubler, Typosalon
  • Text aus: «Wir zwei allein» von Matthias Nawrat (2012). Illustration: Matthias Gubler, Typosalon
  • Text aus: «Elefanten im Garten» von Meral Kureyshi (2015). Illustration: Matthias Gubler, Typosalon

«Ich schreibe, weil ich gelesen habe», hat Roland Barthes gesagt. Der Ausgangspunkt seines Begehrens, zu schreiben, sei «die Lust, das Gefühl des Jubels, der Erfüllung, die mir die Lektüre mancher Texte, die andere geschrieben haben, gibt», so der Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker in einer seiner von 1978 bis 1980 gehaltenen Vorlesungen am Collège de France, die 2008 auf Deutsch unter dem Titel «Die Vorbereitung des Romans» erschienen sind.

Auch der kongolesische Autor Fiston Mwanza Mujila sagt, er sei nicht aus Zufall oder aufgrund seiner Begabung Schriftsteller geworden: Die Bibliothek seines Vaters, durch die er sich gelesen hat, hat ihm die Basis für sein eigenes Schreiben gelegt. Im Porträt von Felix Schneider erzählt der Schriftsteller, der an den 39. Solothurner Literaturtagen Ende Mai zu Gast sein wird, warum er schliesslich Autor geworden ist und wie er sein Autorendasein definiert.

Um diese Fragen geht es in dieser Beilage. Johanna Lier zeigt am Beispiel des AutorInnenkollektivs L’Ajar aus der Romandie, wie dem einsamen Arbeiten am Text entgegengewirkt werden und ein Roman als Gemeinschaftswerk entstehen kann. Immer häufiger werden Romane oder Kurzgeschichten von Tourismusbehörden in Auftrag gegeben. Wie dies das Schaffen von AutorInnen verändert, welche neuen Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten sich ergeben, reflektiert Thomas Barfuss im Artikel «Das grosse Storytelling in den Bergen». Und wie Urs Faes in seinem «Fahrtenbuch» seinen Werdegang zum und sein Dasein als Schriftsteller schonungslos reflektiert, beschreibt Eva Pfister.

«Aus der Begegnung mit einigen gelesenen Texten wird die Hoffnung zu schreiben geboren», sagte Barthes. Mit dieser Hoffnung starten seit zehn Jahren jeden Sommer rund vierzehn Studierende ihre Ausbildung am Literaturinstitut in Biel. Wir haben das Institut besucht, mit Dozierenden, dem Initiator sowie mit jetzigen und ehemaligen AbsolventInnen gesprochen, um herauszufinden, wie das Institut die literarische Landschaft der Schweiz verändert hat, wie Studierende hier zu AutorInnen werden und was mit ihren Hoffnungen passiert ist.

Die Bildstrecke dieser Beilage hat der Grafiker und Typograf Matthias Gubler, Typosalon, gestaltet. Er hat Sätze aus Debütromanen von AbgängerInnen des Bieler Literaturinstituts visuell umgesetzt und aus ihren Worten neue Bilder kreiert.