LeserInnenbriefe: Lückenhafte Analyse

Nr. 25 –

«Parlamentarische Gruppe Schweiz-Israel: Die seltsamen FreundInnen Israels», WOZ Nr. 23/2017

Dass Sarah Schmalz die Hintergründe der Motion Imark (SVP) aufzeigt, ist sehr zu begrüssen! Klar will Israels Regierung die Arbeit und Unterstützung auch von israelischen Menschenrechtsorganisationen unterbinden! Die barbarische Unterdrückung und Verweigerung von Grundrechten für PalästinenserInnen in den besetzten Gebieten ist auch für Israelis, die hinschauen, unerträglich. Wenn die BDS-Kampagne – deren Stossrichtung ein «Augen auf!» ist – als Delegitimierung Israels gebrandmarkt wird, ist das eine falsche Darstellung der Entstehung dieser gewaltfreien zivilen Bewegung: Es geht um Druck auf die israelische Politik, die nie beabsichtigt hat, arabischen PalästinenserInnen die Rechte zuzugestehen, die demokratische Entwicklungen brauchen. Es ist Unsinn – mit dem Rückwärtsblick auf die Naziparole «Kauft nicht bei Juden» – Parallelen zu ziehen: Hier geht es um gezielten Druck zwecks notwendiger Implementierung von Grundrechten auch für PalästinenserInnen. Alles ist besser als der Fortbestand des Status quo mit dem Einkalkulieren immer neuer Kriege: Das soll Israels Zukunft sein? Leicht ist der politische Weg nicht. Das sagt auch keiner.

E. Lutz, Zollikofen BE

Der Artikel von Sarah Schmalz zeigt schön den Hintergrund der Motion Imark auf. Wo er die BDS-Kampagne erwähnt, kippt er aber in negative Stimmungsmache.

Die Stärke von BDS ist, rund um die Forderung nach Respektierung der palästinensischen Grundrechte nicht nur Informationsarbeit zu leisten, sondern auf die massgeblichen politischen und wirtschaftlichen Kräfte wirksam Druck auszuüben. Die israelische Regierung bezeichnet diesen Ansatz daher als strategische Bedrohung und hat zehn Millionen Dollar zur Bekämpfung von BDS auf gesetzlicher und diplomatischer Ebene, durch Propaganda, Überwachung und Kriminalisierung gesprochen.

BDS kennt eine lange Tradition von differenzierter Analyse über Ziele, politische Instrumente und Kriterien. Diese wird im Artikel entweder gar nicht aufgegriffen oder falsch dargestellt. Hier nur zwei Beispiele: Nicht «kompromisslose Strömungen», sondern BDS insgesamt fordert den Boykott aller israelischen Produkte, bis sich die politischen Rahmenbedingungen ändern. Und nicht der individuelle Boykott israelischer Kulturschaffender oder AkademikerInnen wird gefordert, sondern derjenige von Projekten, an denen offizielle israelische Institutionen beteiligt sind. Dazu gibt es einen ausführlichen Kriterienkatalog.

Anstatt einen eigenen Standpunkt zur Argumentation und zu den Forderungen von BDS zu formulieren, verschanzt sich die WOZ hinter Urteilen nicht genannter KritikerInnen, die in der BDS-Kampagne Antisemitismus wittern. Antisemitismus ist kein Kavaliersdelikt, und es ist weder der historischen noch der aktuellen Gerechtigkeit gedient, wenn sich Medien zur Fürsprecherin der israelischen Diffamierungsbemühungen machen. BDS setzt sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller in Palästina/Israel ein, ungeachtet ihrer ethnisch-religiösen Zugehörigkeit. Ein Skandal zweifellos für all jene, die nicht am Status quo rütteln und Israel weiterhin die Definitionsmacht über Recht und Unrecht überlassen wollen.

Birgit Althaler, Roman Vonwil, BDS-Aktivistinnen in der Schweiz, per E-Mail