Kino-Film «Insyriated»: Hinter dem Vorhang der Krieg

Nr. 28 –

Einen Kriegsfilm anzuschauen, braucht immer Nerven, selbst wenn er – wie in diesem Fall – nicht an der Front oder zwischen rauchenden Ruinen spielt, sondern ausschliesslich in einer gutbürgerlich eingerichteten Wohnung mit gepflegter Bibliothek.

Hier hat sich eine syrische Grossfamilie verbarrikadiert, die Aussenwelt und damit der Krieg werden nur beim Blick zwischen Vorhängen hindurch auf einen Innenhof sichtbar; die Wohnung verlassen ist lebensgefährlich, draussen lauern Heckenschützen. An einem Morgen beobachtet die Hausangestellte, wie ein junger Mann, der mit seiner Frau und ihrem gemeinsamen Baby bei der Familie untergekommen ist, im Hof niedergeschossen wird. Als sie der Hausfrau erzählt, was sie gesehen hat, befiehlt ihr diese zu schweigen.

Davon ausgehend entwickelt der belgische Regisseur Philippe Van Leeuw sein Kammerspiel «Insyriated». Eine beklemmende Ruhe liegt über der mit Balken verrammelten Wohnung, in der ausser der Hausangestellten niemand wirklich etwas zu tun hat, wo der kettenrauchende Grossvater und die Mutter versuchen, das Grauen ausser Haus schweigend auszublenden, und die Kinder sich irgendwie die Zeit vertreiben – bis sich der Krieg schliesslich doch in die scheinbar sicheren Räume drängt, und zwar in Gestalt zweier Männer, deren Identität und Motivation unklar bleiben. Die Mutter versteckt ihre Familie in der Küche, verwehrt der jungen Frau mit dem Baby aber den Zutritt, worauf die Männer diese vergewaltigen.

Der Film setzt seine ProtagonistInnen, und damit auch das Publikum, einem Bombardement von Gefühlen zwischen Angst, Schuld, Hoffnung und Verzweiflung aus. Mitten im Frieden lebend, fragt man sich bedrückt, wie man sich selbst in solchen Situationen verhielte.

Doch in dieser geballten Ladung liegt auch eine Schwäche des Films. Manch dramaturgische Entscheidung wirkt, als solle hier der glücklichen Bevölkerung friedlicher Länder in kompakter Form und didaktisch nachvollziehbar vor Augen geführt werden, was Menschen in Kriegen ertragen müssen.

Ab 13. Juli 2017 im Kino.

Insyriated. Regie: Philippe Van Leeuw. Belgien 2017