Bundesgerichtsentscheid: Ein Pirat macht die Schweiz transparenter

Nr. 32 –

Stefan Thöni ist eigentlich Lokalpolitiker, doch nun könnte ein Vorstoss des Präsidenten der Piratenpartei aus Steinhausen im Kanton Zug schweizweite Wirkung erzielen – und für mehr demokratiepolitische Transparenz auf Gemeindeebene sorgen.

Thöni reichte im November 2015 beim Steinhauser Gemeinderat ein Gesuch ein, in dem er – gestützt auf das kantonale Öffentlichkeitsgesetz – Einsicht in sämtliche Protokolle der Gemeinderatssitzungen seit Mai 2014 verlangte. Der Gemeinderat lehnte das Gesuch ab, sein Begehren sei «nicht hinreichend genau bezeichnet». Thöni zog das Gesuch weiter, doch sowohl der Zuger Regierungsrat (im September 2016) wie auch das kantonale Verwaltungsgericht (im März 2017) wiesen es ab. Also legte der Pirat in diesem Frühjahr Beschwerde wegen Verletzung der Informationsfreiheit beim Bundesgericht ein. Vor drei Wochen folgte das Urteil: Es hat die Beschwerde von Thöni gutgeheissen. Sein Zugangsgesuch sei zwar «zweifellos umfangreich», aber gemäss Zuger Öffentlichkeitsgesetz zulässig.

Doch die 38 Protokolle der Gemeinderatssitzungen und die insgesamt 500 Beschlüsse hat Thöni bisher noch nicht gesehen. «Von der Gemeinde hat sich bisher niemand gemeldet, um über die Modalitäten zu reden», sagt er. Angesichts des Aufwands könne er sich etwa vorstellen, «dass die Protokolle nicht alle sofort, sondern über eine gewisse Zeitdauer hinweg publiziert werden».

Die Steinhauser Gemeindepräsidentin Barbara Hofstetter stellt sich bisher auf den Standpunkt, dass «die Anfrage den Geschäftsgang lahmlegen würde», wie sie der «Luzerner Zeitung» sagte. Dabei gibt es längst unterstützende Software für die Veröffentlichung amtlicher Dokumente. Das Hauptproblem liegt woanders: «Gerade auf Gemeindeebene wird das Öffentlichkeitsprinzip oft gänzlich ignoriert. Protokolle der Gemeinderatssitzungen könnten ohne viel Aufwand routinemässig so aufbereitet werden, dass sie veröffentlicht werden können», sagt Martin Stoll vom Verein Öffentlichkeitsgesetz.ch.

Tatsächlich ist es so, dass viele Gemeinden ihre politischen Beschlüsse kaum oder gar nicht veröffentlichen – für die BürgerInnen bleiben sie intransparent. Ein demokratiepolitisches Trauerspiel. Hoffentlich geht vom Bundesgerichtsurteil Signalwirkung aus. Sonst muss Thöni dann halt schweizweit gegen Hunderte weitere Gemeinden klagen.