Fussball und andere Randsportarten: Die Liga ist tot, lang lebe die Liga

Nr. 2 –

Etrit Hasler über die Pleitenserie in der Challenge League

Vor gut einer Woche erklärte der FC Wohlen aus dem aargauischen Freiamt – immerhin seit sechzehn Jahren in der zweithöchsten Spielklasse –, dass der Verein aus finanziellen Gründen freiwillig absteige und sich damit aus dem Profifussball zurückziehe. Damit ist klar, dass auch die Saison 2017/18 ohne sportlichen Absteiger aus der Challenge League enden wird und jene Klubs, die keine Chance mehr auf die Tabellenspitze haben, den Spielbetrieb eigentlich einstellen könnten.

Insbesondere gab Ehrenpräsident René Meier die Schuld daran den Verantwortlichen der Swiss Football League (SFL), die mit ihren ständigen Auflagen die Vereine zermürbe – als Beispiel führte er eine neue Lichtanlage an, die die Liga vom Verein verlangte. Der FC Wohlen kratzte das Geld  zusammen, allerdings nicht schnell genug, und wurde von der SFL mit 5000 Franken gebüsst.

Tatsächlich ist die Challenge League seit ihrer Verkleinerung auf zehn Teams 2012 zur Pleiteliga mutiert. Ein einziges Mal, im Sommer 2014, wurde überhaupt ein sportlicher Absteiger ermittelt: der FC Locarno, den es inzwischen in die Niederungen der 2. Liga interregional verschlagen hat. Alle anderen Absteiger in den Amateurfussball waren das Resultat von Konkursen, Schulden und anderem «Grümschele».

Bereits im ersten Jahr erwischte es die AC Bellinzona, die mitten in der Saison mit etwa dreieinhalb Millionen Franken Schulden bankrottging. Zwei Jahre später war der Traditionsverein Servette Genf dran, der fünf Millionen Schulden angehäuft hatte – gerade einmal drei Jahre nachdem der Verein schon einmal vor dem Konkurs gestanden hatte. 2016 war es der FC Biel, dem 800 000 Franken Schulden das Genick brachen; dafür musste die Liga allerdings die Peinlichkeit über sich ergehen lassen, den Verein aus dem laufenden Spielbetrieb zu nehmen und alle Ergebnisse der Rückrundenspiele mit dem FC Biel zu annullieren.

Im letzten Jahr war es dann die unrühmliche Episode um die türkische Übernahme des FC Wil, die zu einem Absteiger am grünen Tisch führte. Doch nicht etwa der gebeutelte Ostschweizer Verein musste den Hut nehmen: Der FC Le Mont gab kampflos auf aus Protest, weil er im Gegensatz zum FC Wil im ersten Anlauf die Lizenz nicht erhalten hatte. Schliesslich hatte der FC Wil sich selber grobfahrlässig in finanzielle Schwierigkeiten gebracht und nach dem Ausstieg seiner Investoren mitten in der Saison die Löhne seiner Spieler auf einen Bruchteil gekürzt. Pikant dabei: Ausgerechnet der Präsident des FC Wil, Roger Bigger, amtete nebenbei noch als Finanzchef der Liga.

Nun, Konkurse in zweitobersten Ligen gehören anscheinend zum Sportgeschäft dazu: In der ehemaligen Nationalliga B des Schweizer Eishockeys verschwand letzten Sommer mit Red Ice Martigny bereits der neunte Klub seit dem Jahrtausendwechsel. Die Gründe dafür sind relativ simpel: Wer in der obersten Liga spielt, kann einen wichtigen Teil seines Budgets aus den Fernseheinnahmen finanzieren – zwischen zwei und dreieinhalb Millionen Franken.

Kein Wunder, fordern die unterklassigen Klubs seit Jahrzehnten die Wiedereinführung der Barrage – sodass auch der Zweitplatzierte der Challenge League mit einem Sieg gegen den Zweitletzten der obersten Liga aufsteigen kann. Doch davon wollen die zehn Oberklasseklubs nichts wissen – die letztjährige Abstimmung dazu endete wenig überraschend mit 10 : 0 Stimmen.

Stattdessen beschränkt sich die Liga darauf, einen kleinen Teil der Fernsehgelder auch in die 2. Liga fliessen zu lassen. Nur sind diese dafür mit Aufwänden konfrontiert, die sich viele kleinere Klubs gar nicht mehr leisten können. Die eingangs erwähnte Lichtanlage, die schlussendlich zum freiwilligen Abstieg des FC Wohlen führte, war eine dieser Massnahmen. Denn wer will sich schon im HD-Zeitalter unterbelichtete Spiele ansehen?

Etrit Hasler ist Fan des FC Winterthur, der sich aufgrund der geschilderten Ereignisse keine Sorgen mehr um den Abstieg machen muss. Das findet er eigentlich ganz nett, es löst aber die Probleme nicht.