«Cola und Koran»: Islamisches Erwachen

Noch ein Buch zum Islam? «Cola und Koran» nennt der in Freiburg im Breisgau lebende Islamwissenschaftler und Publizist Ludwig Ammann sein neustes Buch. Der griffige Titel verdichtet seinen Ansatz: In Europa entsteht ein moderner Islam, der Europäisches und Bestehendes (Coca-Cola) auf der einen Seite und Mitgebrachtes und Traditionelles (Koran) auf der anderen Seite verbindet. Weil er den individuellen Bedürfnissen der ethnisch und konfessionell unterschiedlichen GlaubensanhängerInnen Raum lässt, bringt er neue, regionale islamische Kulturen hervor.

Als Paradebeispiel für dieses «islamische Erwachen» führt Ludwig Ammann das Süssgetränk Mecca-Cola an, das vor zwei Jahren in Frankreich konsum- und kulturkritisch aufmuckte. Mit dem Slogan «Ne buvez plus idiot, buvez engagé!» (Trinken Sie nicht mehr wie ein Depp, trinken Sie engagiert!) wurde es als erfolgreiche Alternative zu Coke positioniert, dem Sinnbild der kulturell, politisch und ökonomisch dominanten USA. Mecca-Cola ist identitätsstiftend für die muslimische Bevölkerung in Europa, denn wer es trinkt, bezieht Stellung.

Gleiches gilt, wenn selbstbewusste Musliminnen Karriere machen und dabei selbstverständlich das Kopftuch tragen: Aus westlichem Blickwinkel ein Zeichen der Unterdrückung, ist es laut Ammann ein Zeichen für eine eigene, kulturelle und religiöse Identität. Der Spielraum dafür ist eher im säkularen Rechtsstaat gegeben als unter dem islamischen Recht der Scharia; deshalb entstehe die zukunftsgerichtete Erneuerung des Islam «im Exil».

Ludwig Ammann gehört nicht zu jenen, die den Islam als Bedrohung stilisieren. Ohne den militanten Dschihad-Islam zu verniedlichen, kontextualisiert er ihn zwar auch als eine Erneuerungsbestrebung, aber als eine reaktionäre Form, die nur von einer Minderheit getragen ist. Diffusen Ängsten, Europa werde islamisiert, wie sie der Politologe Samuel Huntington mit seinem «Krieg der Zivilisationen» schürt, begegnet Ammann mit stichhaltigen Gegenbeispielen und Statistiken; seine Erklärungen zu Islam, Islamismus und Terrorismus brechen die Vorstellung des Islam als eines homogenen, fundamentalistischen Blocks auf.

Gleichzeitig aber scheut sich Ludwig Ammann nicht, kritische Bemerkungen zum «Zentralrat der Muslime in Deutschland» oder zu einer einseitigen Auslegung des Korans zu machen. «Cola und Koran – Das Wagnis einer islamischen Renaissance» ist anregend und engagiert wie das coffeinhaltige Mecca-Cola.

Ludwig Ammann: Cola und Koran. Das Wagnis einer islamischen Renaissance. Herder Verlag. Freiburg im Breisgau 2004. 159 Seiten. Fr. 18.10