Der US-Kriegspräsident: Freiheit im Angriff

Am Dienstagabend soll George Bush nicht mit gewohnt federndem Schritt, sondern mit schleppenden Tritten über den Rasen des Weissen Hauses gegangen sein. Die letzten dramatischen Tage und Wochen im Irak und vor der Sonderkommission zum 11. September lasteten schwer auf dem US-Präsidenten. Ausserdem hasst Bush Live-Pressekonferenzen und hat diese bisher wenn immer möglich vermieden. Jetzt war dies nicht mehr möglich. Der Präsident tat also an der Pressekonferenz in Washington, was er in Gefahrenlagen gemeinhin tut: Er überdeckt politische Schwächen mit Kriegsrhetorik.

George Bush versichert, dass der Krieg gegen den Irak sowohl Amerikas Idealen wie Interessen entspricht. Der Krieg sei eine historische Mission, eine Schlacht im Kampf gegen den Terror und bringe das Gottesgeschenk der Freiheit auf die arabische Erde. Wir hören das alles mehrmals und als Antwort auf ganz verschiedene JournalistInnenfragen wie: Wie soll es nun im Irak weitergehen? Was sagen Sie zum Geheimdokument vom 6. August 2001? Haben Sie, Herr Präsident, Fehler gemacht?

Ist es Dummheit oder Berechnung oder beides, wenn Bush nach wie vor alle Karten auf die Amerikanisierung des Irak setzt und weitere Mittel und Truppen dafür freimachen will? Wenn er aus den Terroranschlägen in den USA bloss die Lehre zieht, dass die USA mit Colt beziehungsweise Clusterbombe einfach schneller sein müssten als der potenzielle Feind? Merkt er nicht, wie seine Popularität im Volk schwindet?

Wären die Opfer dieser selbstgerechten Politik in den USA und im Irak nicht so zahlreich, könnte sich Schadenfreude einstellen darüber, dass die imperiale Welt von George Bush ganz und gar ausser Kontrolle gerät. Und dass ausgerechnet der 11. September und der Irak, dessen Verbindung er immer herbeigeredet hat, im nun Ärger und Verdruss und vielleicht eine Wahlniederlage bringt.

Wären die Täter in der Bush-Regierung ideologisch nicht so festgelegt, könnte man hoffen, dass die aktuelle Bedrängnis sie eines Besseren belehrt. Doch Bush hat an seiner Pressekonferenz geredet wie der beste Sohn des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan. Und er will demnächst in der 3000 Personen starken Botschaft in Bagdad auch keinen Geringeren einsetzen als den gegenwärtigen Uno-Botschafter John Negroponte. Dieser, ein ehemaliger Vietnamfalke, mitbeteiligt im Iran-Contra-Skandal, berüchtigter Menschenrechtsverletzer in Honduras, ist eine der blutigsten Figuren der US-amerikanischen Aussenpolitik der letzten fünfzig Jahre. Negroponte soll den Irakern die Freiheit bringen, die Demokratie und die Zivilisation.