Medientagebuch: Medien für die Bewegung

Nr. 7 –


Es gibt Gerüchte, die sind zu wahr, um schön zu sein. So auch jenes, das die «Handelszeitung» jüngst lanciert hat. SVP-nahe Kreise, so das Wirtschaftsblatt, stünden als Kaufinteressenten für die beiden Zürcher Lokalmedien Tele Züri und Radio 24 bereit. Genährt wird das Gerücht durch die ausweichende Stellungnahme des aktuellen Besitzers der Sender. Tamedia überprüfe sämtliche Geschäftsfelder, teilte das Unternehmen blick.ch mit. Als Verkaufskandidaten werden Radio und TV vor allem deshalb gehandelt, weil sie sich kommerziell unter den Erwartungen von Tamedia entwickeln. Ein Geschäft kommt natürlich nur zustande, wenn sich auch Käufer finden lassen. Und die soll es in Gestalt bekannter Figuren geben. Genannt wurden: Thomas Matter, Banker und SVP-Mitglied, Ex-Denner-Chef Philippe Gaydoul, sowie – ebenso unvermeidlich wie natürlich unbestätigt – Christoph Blocher.

Spekulationen hin oder her: Dass die SVP wie keine andere Partei danach strebt, Medien in ihren Einflussbereich zu bringen, ist nicht zu übersehen. Mit der «Weltwoche» und in etwas geringerem Ausmass der «Basler Zeitung» kann die SVP auf zwei treue publizistische Begleiter zählen, die ein Publikum ansprechen, das weit über die Mitglieder der Partei hinausreicht. Für die «Zürichsee-Zeitung» interessierte sich der milliardenschwere Autoimporteur und Ex-SVP-Nationalrat Walter Frey als Käufer. Zwar war er dort erfolglos, aber beim Stadtanzeiger in Opfikon hats dann geklappt. «Teleblocher», die wöchentliche Selbstdarstellungsplattform des Grossen B, erreicht neben den ZuseherInnen im Internet auch das Publikum vom Regionalsender Schaffhauser Fernsehen, das die Blocher-Show dreimal wöchentlich ausstrahlt.

Vergleichbare Umtriebe von anderen Parteien in der Schweizer Medienlandschaft sind keine bekannt. Seit dem Verschwinden der parteinahen Blätter von SP, FDP und CVP vor rund zwanzig Jahren übten die Parteien keinen direkten wirtschaftlichen oder publizistischen Einfluss mehr aus; sogar die NZZ hat sich aus der FDP-Verbandelung gelöst.

Wenn nun die SVP das Feld der Medien intensiv beackert, dann hat das vor allem mit dem Charakter der Partei zu tun. Seit gut zehn Jahren nimmt die SVP immer stärker die Züge einer Bewegung an. Wie sich eine solche von einer Partei unterscheidet, beschrieb 2004 der damalige Bundesrat Pascal Couchepin in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» knapp und treffend: «Eine Partei ist eine rationale Organisation. Sie hat eine Meinung und setzt sich mit anderen Meinungen auseinander. Eine Bewegung hingegen will ihre Ziele erreichen, indem sie die Massen emotionalisiert.» Dazu eignet sich das Fernsehen am besten – ein emotionales Medium, das kaum in der Lage ist, komplexe Zusammenhänge darzustellen: Es muss vereinfachen, konkretisieren, Komplexität reduzieren.

Zum Kommunikations- und Kampagnenstil der SVP passt das perfekt. Mit dem Fernsehen hat die Partei denn auch gute Erfahrungen gemacht. So waren SVP-Mitglieder in den letzten Jahren gern gesehene Gäste in der «Arena» von SF DRS. Doch mit der Konzeptänderung der Diskussionssendung unter der neuen Programmleitung von Schweizer Radio und Fernsehen soll ihre konfrontative Anlage aufgeweicht werden. Sehr zum Missmut der SVP. Sie will nun eine eigene «Arena» auf die Beine stellen beim Kleinstsender Schweiz 5. Und vielleicht bald schon auf Tele Züri.

Nick Lüthi ist Medienjournalist in Bern.