Durch den Monat mit Kuno Lauener (Teil 3): «Sind Sie ein Sponti?»

Nr. 20 –

WOZ: Sie sind ein grosser Fan der Berner Young Boys. Statt Meister wurde der Club vergangenen Sonntag Zweiter. Sind Sie enttäuscht oder traurig?
Kuno Lauener: Ich bin wahnsinnig traurig!

Für nicht so grosse Sportfans wie Sie: Womit ist dieser Gefühlszustand am ehesten zu vergleichen?
Keine Ahnung. Dieser Schmerz ist kaum zu vergleichen. Am Tag nach der Niederlage gegen den FC Basel habe ich beim Kieswerk Messerli zweieinhalb Kubikmeter Rundkies bestellt und diesen hinter dem Haus zu einem amtlichen Gartensitzplatz verarbeitet. Körperliche Arbeit kann helfen.

Sie sind ja sogar im Beirat der Young Boys. Imagemässig betrachet ist das wohl eine Win-win-Situation. Aber was tun Sie konkret in dieser Gruppe, in der auch SBB-Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi und Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel Einsitz haben?
Der Beirat besteht aus ungefähr zwanzig Leuten aus der Fanszene, der Wirtschaft, Politik, Sport und Musik. Wir treffen uns zu regelmässigen Talkrunden, trinken nach den Heimspielen ein paar Bierchen am Beiratsstammtisch und tragen den Glanz unseres Lieblingsvereins in die Region.

Ebenfalls im YB-Zusammenhang posierten Sie 2006 für die Aktion Zeig Rassismus die Rote Karte – einer Ihrer seltenen politisch motivierten Auftritte. Ist Politik für Sie etwas Privates, oder weshalb beziehen Sie nicht öfter zu aktuellen Themen Stellung, auch in Ihren Liedern?
Ich nehme schon Stellung, wenn ich gefragt werde. Für politische Songs fehlt mir aber wohl etwas das Talent. Obwohl – der Song «Schpinnele okay» auf der letzten Platte «Haubi Songs» war durchaus politisch gemeint.

Da singen Sie: «I finge d’Schpinnele okay – die söue nume cho.»
Richtig. Es geht in dem Song um die Angst vor dem Fremden, um Vorurteile.

Die Form der Parabel liegt Ihnen.
Danke. Aber was mir fehlt … Ach, ich bewundere Endo Anaconda. Wie der auf der Bühne steht und Tagesaktuelles einbaut – sein Hirn stellt wohl nie ab. Wenn ich das könnte, würde ich es auch tun.

Ist es schwierig, über Politik zu singen?
Ich kann nur für mich sprechen: Ja! Sehr! Ich mache mir schon Gedanken, ich bin nicht ein unpolitischer Mensch. Aber über Politik, und übrigens auch über Sport, gute Lieder zu schreiben, finde ich tatsächlich extrem schwierig. Ich bewundere Leute, die im Jahr drei Scheiben rausgeben und dabei spontan zu Dingen Stellung nehmen. Ich bin einfach nicht so ein spontaner Mensch.

Aber Sie sind doch in den siebziger und achtziger Jahren gross geworden, der Zeit der Spontis …
Ja, absolut! Diese Zeit hat mich sehr geprägt, auch musikalisch. Dieses einfach mal Drauflosausprobieren, auch wenn man eigentlich noch gar nichts kann – in einer anderen Zeit wäre ich kaum je Musiker geworden, schon gar nicht heute, wo man die Hits anderer möglichst originalgetreu nachsingen muss wie in MusicStar; so was könnte ich gar nicht. Aber ich fand schon damals, dass an den Spontianlässen zu spielen der Beitrag ist, den ich leisten kann. Ich bin nicht der Redenschwinger, das können andere besser. Aber ich hatte immer das Gefühl, es ist wichtig, dass die Leute zusammenkommen und dass man als Band viel dazu beitragen kann. Wir haben an solchen Anlässen auch die Infrastruktur geliefert und solche Dinge. Das war der Beitrag, der für mich sinnvoll war. Bei allem anderen hatte ich immer das Gefühl, es gäbe informiertere Leute, bessere Leute.

Bessere?
Ja, als Redner. Ich würde nur rumleiern, und das mag ich nicht. Vor allem vor Leuten sprechen, die zu einem bestimmten politischen Thema eh schon gleich denken wie ich, finde ich blöd. Dieses Sich-selber-Abfeiern … Da gibt es sicher Leute, die in solchen Situationen die richtigen Worte finden, aber nicht ich. Viel lieber besinge ich da an einem Anarchofestival zusammen mit Michael von der Heide die Liebe. Vielleicht ist das etwas doof erklärt, aber eigentlich ist es ganz einfach: Ich will nicht rumleiern. Obwohl ich das natürlich auch tue, über Fussball zum Beispiel.

Kuno Lauener (49) ist Kopf und Stimme der Berner Band Züri West. Ihre CD «HomeRekords» vereint bislang unveröffentlichte Songs und Skizzen.