Kultour

Nr. 35 –

Festival

Fantoche

Frankreich ist ein Filmland. Dank einer grossen Filmindustrie – von der in der Schweiz manche träumen – entsteht dort jährlich eine grosse Anzahl Filme. Auch in der Animationsfilmkunst gehört Frankreich zu den Vorreitern – unter anderem auch dank staatlicher Fördergelder und engagierter Filmschaffender.
Das Internationale Festival für Animation Fantoche in Baden legt seinen Fokus dieses Jahr auf das französische Animationsfilmschaffen. Es gibt Einblick in neuere Werke seit 2000, gräbt alte Schätze aus dem Archiv aus und zeigt Langfilme mit Kultstatus wie «Le Roman du Renard» (1930) von Ladislas und Irène Starewitch oder «La Planète sauvage» (1973) von René Laloux.
Einen Einblick in das aktuelle Schweizer Animationsfilmschaffen ermöglicht der Schweizer Kurzfilmwettbewerb, im internationalen Wettbewerb kann über die Landesgrenzen hinausgeblickt werden. Auch aktuelle Langfilme sind zu sehen, so der neue Film von «Waltz with Bashir»-Regisseur Ari Folman, «The Congress».
Auch für die Kleinsten ist gesorgt: nicht nur mit Filmen, sondern auch mit Workshops, die in die Tricks des Animationsfilmschaffens einführen.
Fantoche, 11. Internationales Festival für Animationsfilm, in: Baden Diverse Orte, Festivalzentrum: Merker-Areal, 
Di–So, 3.–8. September. 2013 www.fantoche.ch

Silvia Süess

Der Wahnwitz

Bern feiert den musikalischen «WahnWitz» flächendeckend in der ganzen Stadt. Neben dem Stadttheater und der Reitschule sind auch das Münster und die Psychiatrische Klinik Waldau als Veranstaltungsorte eingebunden. Zum Auftakt findet auch das Tonkünstlerfest 2013 im Rahmen von «WahnWitz» statt. Es nutzt das Motto auch gleich als thematischen Anreiz für Neues und Bewährtes. Ausgerichtet wird es vom Schweizerischen Tonkünstlerverein (STV), der jedes Jahr eine andere Stadt auswählt.
Bei «WahnWitz» beteiligen sich ganze dreissig PartnerInnen mit ebenso vielen Programmpunkten. Da musiziert die Kapelle der psychiatrischen Klinik, oder eine hundertjährige Jahrmarktsorgel erklingt. Für die Jubilarin haben zehn KomponistInnen, darunter Ruedi Häusermann, Heinz Holliger und Annette Schmucki, neue Werke geschaffen. «Missa solemnis» von Ludwig van Beethoven kontrastiert mit der Uraufführung von «Redeuntes» des Komponisten Daniel Glaus, der dafür auch die Turmbläser aufbietet.
Vom Berner Musiker Simon Ho stammt eine weitere Uraufführung: die Märchenoper «Das kalte Herz». Da sind auch die Kinder- und Jugendchöre aus Köniz mit dabei und erfüllen mit ihren Stimmen die grosse Halle der Reitschule. Die komponierende Schlagzeugerin Margrit Rieben installiert drei Lautsprecher im Türmchen der Dampfzentrale und schafft so eine neue Art von Minarett. Zum Ausklang heisst es «L’art pour l’Aar» im Forum Altenburg, und dazwischen mäandern immer wieder ExponentInnen wie Ariane von Graffenried, Pedro Lenz oder Gerhard Meister von «Bern ist überall».
Musikfestival WahnWitz in: Bern 
Diverse Orte, Di, 3., bis So, 15. September 2013. 
www.musikfestivalbern.ch

Fredi Bosshard

Konzert

Kontrabassduo

Die französische Kontrabassistin Joëlle Léandre hat vor Jahren eines ihrer Stücke «Taxi» genannt. Sie erzählt mit Klängen von den Problemen, wenn eine Frau mit Kontrabass versucht, ein Taxi zu rufen. Es wird förmlich greifbar, wie sie sich in Rage spielt.
Peter K Frey und Daniel Studer sind bereits seit fünfzehn Jahren gemeinsam mit dem Kontrabass unterwegs – auch sie haben wohl einiges zu erzählen. Vor kurzem ist «Zwirn», ihre bereits dritte CD mit einem Livemitschnitt aus München, erschienen. Sie lässt uns in eine weit aufgefächerte Klang- und Rhythmuswelt eintauchen. Die beiden loten alle Facetten ihres sperrigen Instruments aus, zupfen und streichen, nutzen Saiten, Steg und Holzkörper.
Ihr Jubiläum feiern Studer-Frey mit Gästen und einem siebenteiligen Konzertzyklus im Zürcher Kunstraum Walcheturm, der im Monatsrhythmus über die Bühne geht und im März 2014 mit fünf befreundeten Musikern endet. Mit einigen der Gäste sind sie auch in anderen Schweizer Städten zu hören. Zur Eröffnung spielen sie mit der in Berlin lebenden Magda Mayas, die ähnlich wie Studer und Frey das ganze Instrument für die Klangerzeugung nutzt.
Kontrabassduo Studer-Frey mit Magda Mayas in: Genf Atptt, Fr, 30. August 2013, 21 Uhr; Zürich Kunstraum Walcheturm, So, 1. September 2013, 11 Uhr. 
www.studer-frey.ch

Fredi Bosshard

Performance

Striche durch Rechnungen

Es tut sich was in den Zürcher Stadtkreisen 4 und 5. Seit ein paar Jahren wird hier abgerissen, gebaut und «aufgewertet». Was nicht mehr ins Bild eines schicker werdenden Quartiers passt, muss weg. So auch der Strassenstrich am Sihlquai: Die Sexarbeiterinnen mussten Ende August in «Verrichtungsboxen» nach Altstetten ziehen – dort soll ihnen mehr Sicherheit gewährleistet werden. Ausserdem verpflichtet die neue Prostitutionsgewerbeverordnung die im Kreis 4 arbeitenden SexarbeiterInnen, aufwendige Bewilligungsverfahren durchzustehen. Wer dazu nicht in der Lage ist, dem droht das Abtauchen in die Illegalität.
Die installative Dramatisierung «Striche durch Rechnungen» im Aufführungsort Les Complices in Zürich setzt sich mit dieser aktuellen Entwicklung auseinander. Die Texte stammen von Tim Zulauf. Gelesen und gespielt werden sie von Andreas Storm, die Videoprojektionen kommen von Christoph Rath, die Dramaturgie führten Andreas Storm und Andrea Thal. «Striche durch Rechnungen» setzt sich aus unterschiedlichen Text- und Handlungsfragmenten zusammen und kann während der Öffnungszeiten durchgehend besucht werden.
«Striche durch Rechnungen» in: Zürich 
Les Complices, Fr, 30. August 2013, 18–22 Uhr, Sa/So, 
31. August / 1. September 2013 14–18 Uhr, Mi, 4. September 2013, und Fr, 6. September 2013, 18–22 Uhr, 
Sa/So, 7./8. September 2013, 14–18 Uhr, Mi, 
11. September 2013, 18–22 Uhr. www.lescomplices.ch

Silvia Süess

Film

Dä Langstrassefilm

Wie sehen Jugendliche ihr Quartier? Was stört sie, was gefällt ihnen, was beschäftigt sie, da, wo sie wohnen? Im Jahr 2003 produzierten Jugendliche aus der Zürcher Langstrasse den Film «Dä Langstrassefilm». Sie führten Interviews mit anderen Jugendlichen aus dem Kreis 4 und zeigten das Leben in der Langstrasse aus ihrer Sicht. Heute, zehn Jahre später, ist ein neuer Film entstanden. Erneut wollten Jugendliche wissen, wie andere Jugendliche ihr Quartier sehen, und sind dem Geist der Zeit nachgegangen. In ihrem Film «Dä Langstrassenfilm. 10 Jahre danach» befragen sie auch heute Erwachsene, die damals am Film mitgewirkt haben. Ob sie den Kreis 4 heute mit ganz anderen Augen betrachten?
«Dä Langstrassefilm. 10 Jahre danach» in: 
Zürich Kino Uto, So, 1. September 2013, 12 Uhr.

Silvia Süess

Ausstellung

Lebendige Tradition

Haben Sie schon vom American Dream in Oensingen gehört? Sind Ihnen das Wittnauer Fasnachtsfeuer oder die San-Giuseppe-Feier in Laufenburg ein Begriff? Die beiden Fotografen Philipp Künzli und Oliver Lang haben ihren Fokus auf bekannte und weniger bekannte Traditionen in den Kantonen Aargau und Solothurn in den Sucher genommen und dokumentieren ihre Ausbeute in der Ausstellung «Heisse Öfen & Rüeblitorte» in Aarau. Sie tragen so zur Dokumentation des «immatriellen Kulturerbes» bei, zeigen die AkteurInnen inmitten des Geschehens. Der junge Autor Pino Dietiker steuert dazu Erklärendes bei, haucht mit seinen ausgewählten Interviews den Bildern weiteres Leben ein. Übrigens: Die San-Giuseppe-Feier haben sizilianische MigrantInnen nach Laufenburg gebracht.
«Heisse Öfen & Rüeblitorte», in: Aarau Forum Schlossplatz, Fr, 30. August 2013, 18.30 Uhr, Vernissage; Mi–Sa, 12–17 Uhr, Do, 12–20 Uhr, So, 11–17 Uhr. Bis 6. Oktober 2013. www.forumschlossplatz.ch

Fredi Bosshard