SVP-Durchsetzungsinitiative: Teilungültig? Ganz ungültig!

Nr. 48 –

Die Botschaft ist klar und deutlich: Die Menschenrechte sind nicht verhandelbar, Völkerrecht geht vor Bundesrecht. Dies hielt das Bundesgericht vergangenen Herbst fest, als es die Beschwerde eines jungen Mannes aus dem Thurgau gegen seine Ausschaffung nach Mazedonien guthiess. Letzte Woche hat nun der Bundesrat die SVP-Durchsetzungsinitiative für teilungültig erklärt. Sie will die Bestimmungen der Ausschaffungsinitiative wörtlich in der Bundesverfassung verankern. Man mag begrüssen, dass sich die Regierung aus der Starre des Kaninchens vor der Schlange gelöst hat und zaghaft in die richtige Richtung hoppelt. Mutiger, aber vor allem konsequent und richtig, wäre die vollständige Ungültigkeitserklärung. Denn es ist die Pflicht des Bundesrats, die Grundprinzipien der Menschenrechte zu schützen.

Dass er dazu früher durchaus in der Lage war, daran erinnerte unlängst Alt-CVP-Bundesrat Arnold Koller im Interview mit der «Ostschweiz am Sonntag». Koller, wahrlich kein linker Internationalist, sagte, dass das Parlament die Ausschaffungsinitiative für ungültig hätte erklären müssen, wie es 1996 bei der Volksinitiative «für eine vernünftige Asylpolitik» der Schweizer Demokraten (SD) der Fall war. Auch die SD-Initiative hatte automatisierte Ausschaffungen verlangt. Diese können jedoch gegen das von der Europäischen Menschenrechtskonvention abgeleitete Non-Refoulement-Prinzip verstossen, das die Rückführung einer Person in Staaten untersagt, in denen ihr grausame oder unmenschliche Behandlung droht.

Darauf verweist auch der Bundesrat in seinem Communiqué zur Teilungültigkeitserklärung von letzter Woche, übersieht jedoch den eigentlich zentralen Punkt. Die Durchsetzungsinitiative sieht die Ausschaffung von ausländischen Personen vor, die wegen eines der im Initiativtext aufgelisteten Delikte verurteilt worden sind – unabhängig von der Höhe der Strafe. Sie schliesst somit die zwingende Verhältnismässigkeitsprüfung aus. Statt die Durchsetzungsinitiative nur zu «amputieren», wie die NZZ die Teilungültigkeitserklärung nennt, sollte man sie im Rohr krepieren lassen.