Popmusik: Trauer, Kitsch und wilder Lärm

Nr. 40 –

Eine unbeschwerte Truppe waren sie einst, zumindest auf den ersten Blick. Sie zogen ohne einen Rappen durch Europa und sangen Hymnen auf ihr altes Wohnmobil. 2009 ging Sänger Max Usata zum Theaterspielen nach New York, und das Ende der Bieler Band Puts Marie schien gekommen.

Als sie sich wieder trafen, klangen sie anders: dunkel, von Traurigkeit und Zweifeln zermürbt, manchmal morbid, aber auch seltsam euphorisch. Ende 2013 erschienen sechs Songs unter dem passenden Titel «Masoch». Inzwischen haben die fünf Bieler wilde Konzerte an diversen Festivals gespielt und sind durch Frankreich und Deutschland getourt. Jetzt kommt «Masoch II» mit noch einmal sechs Songs.

«Mob Kisses» macht den fulminanten Anfang: Da wird einer abgeholt – von der Polizei, der Mafia? –, und die Familie schaut zu, unfähig, sich zu wehren. Das Stück beginnt laut und endet leise, mit dem sanften zweistimmigen Gesang von Max Usata und Gitarrist Sirup Gagavil, aber leise heisst hier nicht versöhnlich, die bedrohliche Stimmung bleibt. Sie lässt sich auch im konventioneller gestrickten «Hecho en Mexico» nicht vertreiben. «Brush Air» handelt offenbar von einem Künstler im Blutrausch und geht von zerbrechlichem Falsettgesang in wilden Lärm über.

Es bleibt laut: Das einzig Verschobene an «Sugar Run» ist der Taktwechsel am Schluss, der Rest ist simpler Rock – keine Ahnung, warum, aber auch das funktioniert bei dieser Band. Irgendwie schafft sie es, sich jeden Stil anzueignen, sogar ein total verbrauchtes Bluesschema tönt da wie neu. Nach all den heftigen Emotionen endet «Masoch II» mit «Tell Her to Come on Home», einem alten Liebeslied des R-’n’-B-Sängers Little Mack. Auch der Kitsch gehört zu Puts Marie, schliesslich spielt der sizilianische Secondo Max Usata zusammen mit Bassist Igor Stepniewski in einem Italopop-Nebenprojekt namens Mister Milano. Und manchmal klingt er wirklich wie ein italienischer Schnulzensänger.

Neu erhältlich ist auch das Album 
«Masoch I–II».

Puts Marie: Masoch II. Two Gentlemen / Irascible