Im Affekt: Sex im Gondeli statt Saufen auf der Strasse

Nr. 49 –

«Jugendliche sollen in einer Bar feiern, nicht auf der Strasse»: So sprach vor kurzem der Gemeindepräsident von Zermatt, Christoph Bürgin.

Mit andern Worten: Ihr jungen Leute, geht saufen in geschlossenen Räumen, und bezahlt auch ordentlich für euer Bier, wir wollen schliesslich die Wirtschaft ankurbeln. Aber wir wollen auch unsere Ruhe, denn: «Es gibt halt Leute, die schlafen wollen», so der Gemeindepräsident im «Blick am Abend». Und weil sich diese Leute, die schlafen wollen, ihren Schlaf am Fuss des Matterhorns viel kosten lassen, will er ihnen diese Ruhe auch gewährleisten. Dies auf Kosten der Jugendlichen, die aus der Öffentlichkeit verschwinden sollen: Gemäss einem neuen Polizeireglement sollen sich Jugendliche unter sechzehn Jahren ohne Begleitung von Erwachsenen nur noch bis 23 Uhr an öffentlichen Orten aufhalten dürfen. Und ab Mitternacht wird der Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit generell untersagt.

Dass das Budget vieler einheimischer Jugendlicher nicht dem seiner schlafenden Gäste entspricht, darüber sieht Herr Bürgin grosszügig hinweg. Und dass es auch solche gibt, die gar nicht konsumieren, sondern einfach beisammen sein wollen, darauf kommt Bürgin erst gar nicht. Die Strasse, ein Parkplatz oder der Bahnhof sind für Jugendliche oft die einzigen Orte, an denen sie sich treffen können, ohne Konsumzwang und ohne dass dauernd Erwachsene um sie herumschwirren. Dass ihnen nun auch das Recht auf diese Räume genommen wird, ist schweizweit kein neues Phänomen, sondern Teil einer beängstigenden Entwicklung zu mehr Repression und Kontrolle im öffentlichen Raum.

Der Gemeindepräsident, der sich am Lärm der Jugend stört, fand übrigens nichts dabei, dass die deutsche Pornodarstellerin Kim Mortenroe dieser Tage ohne Bewilligung ein Video in einer Zermatter Gondel drehte. «Zermatt ist ein internationaler Ort, da kann es das geben», meinte Bürgin grosszügig.

Wir lernen: «International» heisst kein Alkohol auf der Strasse, dafür Sex im Gondeli.

Kurz vor Redaktionsschluss fiel die Entscheidung: Betteln verboten, Rumhängen und Saufen erlaubt.