Schweizer Waffenexporte: Das jährliche Täuschungsmanöver

Nr. 8 –

Das Prozedere wiederholt sich: Sobald das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) den Umfang der letztjährigen Waffenexporte publiziert, stürzen sich alle Nachrichtenmedien willfährig auf diese Zahl und hämmern sie in die Köpfe der Öffentlichkeit.

Dabei täuscht die publizierte Zahl – 2015 betrug sie knapp 447 Millionen Franken – über das wahre Ausmass der Schweizer Rüstungsexporte hinweg. Denn das Seco berücksichtigt in seiner Statistik nur jene Rüstungsgüter, die der Kriegsmaterialverordnung unterliegen. Besondere militärische Güter hingegen sind in der Statistik nicht erfasst. Anders ausgedrückt: Die Piranha-Schützenpanzer der Kreuzlinger Firma Mowag tauchen in der Seco-Statistik auf, die Trainingsflugzeuge von Pilatus aus Stans jedoch nicht. Diese gelten als besondere militärische Güter und unterliegen der weit weniger strengen Güterkontrollverordnung.

Nimmt man also die besonderen militärischen Güter im Wert von 1,17 Milliarden Franken hinzu, zeigt sich das wahre Ausmass der Schweizer Rüstungsexporte: Es lag letztes Jahr bei 1,61 Milliarden Franken. Dazu drei Ergänzungen: Das Volumen ist im Vergleich zum Vorjahr um über zehn Prozent gestiegen, das mit Abstand wichtigste Abnehmerland ist Saudi-Arabien, und wenn man auch noch die sogenannten Dual-Use-Güter berücksichtigt, die sowohl militärisch wie auch zivil genutzt werden können, steigt der Exportumfang auf annähernd 2,2 Milliarden Franken an.

Bleibt die Frage, weshalb die Schweiz – gestützt auf Daten des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri, 2014) – pro EinwohnerIn weltweit am zweitmeisten Waffen exportiert. Die Antwort ist simpel: weil die politischen Rahmenbedingungen dafür bestehen. So hat das Parlament im Frühjahr 2014 beschlossen, die Regeln für den Kriegsmaterialexport zu lockern. Und so hat Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann Anfang Monat gemäss NZZ die Bewilligung für eine Lieferung von Mowag-Schützenpanzern nach Katar beantragt, obwohl der Gesamtbundesrat im März 2015 wegen des Kriegs im Jemen Kriegsmateriallieferungen in involvierte Staaten blockiert hat. Da passt es ins Bild, dass dieselben politischen AkteurInnen gerade jetzt bei der Entwicklungszusammenarbeit kräftig sparen wollen (vgl. «Grosse Versprechen, kleines Budget» ).