Kriegsrecht auf den Philippinen: Angst und Schrecken in Mindanao

Nr. 22 –

Nie mehr Kriegsrecht? «Nie mehr Kriegsrecht!», skandierten DemonstrantInnen in Sprechchören, als sich im Frühjahr 2016 «Bongbong» Marcos, damals noch Senator und der Sohn des von 1965 bis 1986 herrschenden Despoten Ferdinand E. Marcos, anschickte, bei der Präsidentschaftswahl am 9. Mai vergangenen Jahres Vizepräsident zu werden. Er unterlag nur knapp und zieht gegen diese Niederlage bis heute juristisch zu Felde.

Kriegsrecht? «Mitnichten. Wozu Kriegsrecht? Um Leute zu töten? Ich bin doch nicht dumm», hatte der neue Präsident Rodrigo Duterte Ende November 2016 in seiner südlichen Heimatstadt Davao vollmundig verkündet. Von 1972 bis 1981 hatten die Philippinen unter Kriegsrecht gestanden. «Hat das unser Leben verbessert?», fragte Duterte. «Nein, bis heute gab es da keine Verbesserung. Ich erlaube keine Unterdrückung in diesem Land. Und ich werde das niemals gestatten.» Vielen Zeitungen des Landes war das damals einen Aufmacher wert.

Vorläufiger Höhepunkt des Dutertismo, eines wild mäandrierenden präsidialen Politikstils, war dann aber die am 23. Mai unterzeichnete Proklamation 216. Mit ihr verhängte Duterte für die Dauer von sechzig Tagen das Kriegsrecht über Mindanao, den Süden des Archipels. Das angebliche Ziel: die mit dem Islamischen Staat (IS) liierten terroristischen Verbände der Abu Sayyaf und der Maute-Milizen (gegründet von den beiden Brüdern Abdullah und Omarkhayam Maute) «zu vernichten». Am vergangenen Wochenende erklärte Duterte, nur noch auf seine Streitkräfte zu hören, was die Dauer und die mögliche landesweite Ausdehnung des Kriegsrechts betrifft. Ein gezielter Affront gegen den Kongress, den Senat, den Obersten Gerichtshof und die Verfassung.

Was nun? Mit dem Kriegsrecht will der verschlagene Duterte ausloten, wie gross sein Manövrierspielraum ist. Gleichzeitig bedeutet es eine markante Aufwertung der knallhart pro-US-amerikanischen und strikt antikommunistischen Militärspitze um Generalstabschef Eduardo Año. Der ist nun auch Kriegsrechtsverwalter und leitet so lange das Innenressort. Bedenkt man, dass der bis dato einjährige brutale «Antidrogenkrieg» bereits über 8000 Opfer gefordert hat, kann einem angst und bange werden, wenn nun eine neue Front gegen tatsächliche und vermeintliche TerroristInnen eröffnet wird.

Konsensya Dabaw (Davaos Gewissen), ein Verbund von Organisationen und Einzelpersonen, die Opfer der Marcos-Diktatur sind, zeigt sich denn auch tief enttäuscht, dass mit Duterte ausgerechnet der erste Präsident aus Mindanao die Region wieder mit Krieg und Zerstörung überzieht.