«Photo 18»: Eine Fotoschau als perfekte Cashcow

Nr. 2 –

Wie jedes Jahr präsentiert uns die «Photo 18» auch diesen Januar wieder das, was sie selber vollmundig zur Fotokunst erklärt. Und Fotokunst ist für die Ausstellungsmacher, was sich für sie auszahlt. Eine Talentschau für junge Schweizer Fotografie ist die Veranstaltung nur bedingt.

Im besten Fall zeigen uns Fotos die Welt in einem neuen, überraschenden Licht. In der alljährlichen Zürcher Fotoausstellung, diesmal also der «Photo 18», heuer neu in Zürich Oerlikon angesiedelt, ist es indes genau umgekehrt: Hier zeigt man uns die Bilder selbst in einem denkbar ungünstigen Licht.

Auch am neuen Ausstellungsort werden sich die BesucherInnen ungelenk über kniehohe Sagex-Kuben beugen, um mühsam Fotografien zu dechiffrieren, massiv beeinträchtigt von den Reflexen der Beleuchtung sowie den Schattenwürfen der Menschenmassen. So gilt das Staunen der BesucherInnen zuerst einmal nicht der Fotokunst, sondern ihrer lieblosen und unprofessionellen Präsentation. Haben wir dafür einen Eintrittspreis von 25 Franken pro Kopf bezahlt, inklusive Abendveranstaltung gar von 38 oder 45 Franken?

Problemlos vermarktbar

Den Ausstellenden, und das sind laut «Photo 18» 250 mehrheitlich junge FotografInnen fast ausschliesslich aus der Deutschschweiz, ist das wohl nicht so wichtig. Für sie zählt: Sie sind dabei! Die Fotografie ist für viele von ihnen das Traummetier, und diesem Traum sind sie nun um einen entscheidenden Schritt näher gerückt. Meinen sie jedenfalls. «Die Ausstellungsmacher zielen ganz bewusst auf die Hoffnungen dieser jungen Talente», sagt Peter Pfrunder, Direktor der Fotostiftung Schweiz in Winterthur und damit ein ausgewiesener Kenner der Szene, «und lassen sie glauben, sie seien jetzt eben entdeckt worden».

Was uns die «Photo 18» nicht anders als ihre zwölf Vorgängerschauen im doppelten Wortsinn auftischen wird, ist ein zufälliger Mischmasch an Bildern. Qualitative Standards sind jeweils kaum auszumachen. Wer hier nach welchen Auswahlkriterien zur Präsentation seines Werks eingeladen wird, ist nicht transparent. Die KuratorInnen wechseln praktisch jedes Jahr und sind in der Branche zumeist kaum bekannt. Mit Ausnahme des Snowboarders (und Fotografen) Iouri Podladtchikov vielleicht: Er war an der «Photo 15» als Teilnehmer dabei, im folgenden Jahr dann als Kurator.

So trifft man – neben ein paar respektablen Arbeitsproben – auf unverhältnismässig viel Pseudooriginelles, Nichtssagendes, Hilfloses und schlicht Untalentiertes. Der Zulauf ist trotzdem enorm – nicht zuletzt weil die Ausstellenden FreundInnen und Familie mitbringen. Und die mehreren Hundert, die sich erfolglos beworben haben, sind wohl ebenfalls da.

Auch das mediale Echo ist erstaunlich. Der Pressespiegel früherer Shows zeigt, dass viele der Ausstellenden in der Lokalzeitung ihrer Region eine eingehende Würdigung erhalten haben. Selbstredend mit freundlicher Nachhilfe des Veranstalters, der mindestens in Sachen PR zweifellos vom Fach ist.

Die «Photo 18» nennt sich selber «die mit Abstand grösste und bedeutendste Werkschau für Fotografie in der Schweiz» und «eine der renommiertesten und grössten Fotoveranstaltungen in Europa». Was nach wichtigem Kulturereignis klingt, ist ein rein privates Unterfangen der PR- und Eventagentur Blofeld Entertainment AG: erfahrene AllrounderInnen, die nach dem gleichen Prinzip jedes Jahr auch eine Grafik- und eine Architekturausstellung managen, dazu auch mal eine Designmesse und ein Schlagerfestival in Davos. Im November letzten Jahres haben sie zudem die «Photo 17» in München lanciert – das Konzept ist problemlos global vermarktbar. So sehen kritische BeobachterInnen darin denn auch eine perfekte Cashcow. Wer 2018 in Zürich ausstellt, hat dafür schon mal 450 Franken an Zutrittsgeldern bezahlt. Man rechne!

Alle auf Erfolgskurs

Solche Kritik steckt Michel Pernet, zusammen mit Peter G. Kurath Gründer und Produzent der Ausstellung, locker weg. Er macht einen Kulturwandel geltend: «Die Digitalisierung hat die Fotografie verändert, hat sie demokratisiert und globalisiert. Wer heute professionell fotografiert, muss sich stets von neuem kreativ beweisen. Das mögen nicht alle. Genau wie in anderen Branchen sehen Reaktionäre die Lösung in der Abschottung.»

Vor einem Jahr sah man Pernet und Kurath in der «Schweizer Illustrierten» als «zwei Lausbuben auf Erfolgskurs». Auf Erfolgskurs segeln hier offenbar alle, so auch die Verfasserin des Artikels, die an der von ihr hoch gerühmten Ausstellung gleich ihre eigenen Bildchen präsentierte, ebenso wie der Fotograf, der die beiden Lausbuben für die SI porträtierte: Er kandidiert heuer als einer von fünf für den Titel «Schweizer Fotograf des Jahres».

Wo man einen drittrangigen Kulturanlass veredeln will, dürfen Stars nicht fehlen. Auch Könner wie Andri Pol (Schweizer Fotograf des Jahres 2017) oder Walter Pfeiffer (Lifetime Award 2017) liessen sich gern von einer selbsternannten, aber nicht näher ausgewiesenen Swiss Photo Academy öffentlich rühmen. Andri Pol, auf die obskure Veranstaltung angesprochen, findet es «legitim, dass eine PR-Agentur Geld verdienen will», schränkt dann aber doch ein: «Die Präsentation finde ich auch nicht optimal. Es ist nicht die Plattform, die ich suchen würde.» Der einstige Medienpartner «Tages-Anzeiger» hat sein Engagement massiv zurückgefahren, dessen ehemaliger Chefredaktor Res Strehle, sonst ein kritischer Geist, adelt die Veranstaltung weiterhin als Juryvorsitzender und als Moderator einer Abendveranstaltung mit dem – fraglos erstklassigen – Fotografen Christian Bobst.

«Photo 18», Halle 622 und StageOne in Zürich Oerlikon, 12. bis 16. Januar 2018. www.photo-schweiz.ch