LeserInnenbriefe

Nr. 38 –

Es geht um die Sache

«SGB-Präsidium: Schon wieder ein Mann!?», WOZ Nr. 37/2018

Es ist schlicht beschämend, nach der Demission von Paul Rechsteiner im November in einem Artikel seine Nachfolge mit dem Titel «Schon wieder ein Mann!?» einzuleiten. Total entwürdigend, hat sich doch dieser Mann an vorderster Front für die Werktätigen eingesetzt, zum Beispiel für die Frühpensionierungen der Bauarbeiter 2003. Das Vorgängertandem war bis 1998 mit Vasco Pedrina und Christiane Brunner auch durch eine Frau besetzt. Für mich eine Bestätigung, dass es bei diesen Herren/Damen aus den neulinken, geschlechterkämpferischen und intellektualisierten Kreisen gar nicht um die Sache geht.

Matthias Fischer, per E-Mail

Gefängnisse helfen nicht

«1968 und die Strafreform: Als man noch darüber nachdachte, warum Strafen nichts bringen», WOZ Nr. 35/2018
Im Moment wird dafür plädiert, Straftäter härter anzufassen, sie noch schneller und noch länger einzusperren und noch mehr Delinquenten für immer hinter Gitter zu setzen. Präventiv will man auch schon Subjekte erfassen, die einmal eine Straftat begehen könnten. Ich finde es daher sehr gut, dass Susan Boos mit Leuten gesprochen hat, die einmal Gefängnisse abschaffen wollten.

Bleibt bei einem Gefängnisaufenthalt das «artgemässe Verhalten innerhalb der biologischen Anpassungsfähigkeit» des sozialen Tieres Mensch gewährleistet, wie es im Tierschutzgesetz der Schweiz gefordert wird? Nein! Ein Gefängnisaufenthalt mit der damit verbundenen wochen-, ja monatelangen Isolation, mit der Trennung vom Leben, kann einen Menschen zerstören, hilft ihm nicht weiter. Eine Gefängnisstrafe ist fast zu vergleichen mit der früher praktizierten Austreibung des bösen Geistes, des Teufels, bei psychisch Kranken. Nicht wenige Menschen, die eingesperrt werden, ertragen die Isolation nicht, drehen durch oder werden körperlich krank. Auch Suizide sind in Gefängnissen häufig. Mit dem Einsperren hilft man niemandem, auch die Wiedergutmachung ist so nicht möglich: Vergeltung hilft den Opfern von Verbrechen nicht. Diese Sachverhalte haben AutorInnen der WOZ schon verschiedentlich dokumentiert.

«Das Problem ‹Strafvollzug› besteht nicht darin, dass keine Alternativen zum heute praktizierten System existieren – das Problem besteht darin, wie der Einsicht zum Durchbruch verholfen werden kann, dass eine rationale und vor allem vorbeugende Verbrechensbekämpfung erfolgreicher, humaner und auch billiger wäre als eine Verbrechensbekämpfung, die sich am Rache- und Vergeltungsdenken orientiert», schrieben Peter Aebersold und Andreas Blum in ihrem Buch «Der tut es immer wieder». Dieses Buch erschien 1975 zu der Sendereihe «Strafvollzug heute – Fakten und Alternativen» im Schweizer Radio.

Heinrich Frei, Zürich