#digi: Käufliche Ethik

Nr. 6 –

Facebook schlitterte in den letzten Monaten von einem Skandal in den nächsten. Im März 2018 platzte die Cambridge-Analytica-Bombe: Die Firma hatte persönliche Daten von Millionen Facebook-NutzerInnen gesammelt, um sie für Politwerbung zu nutzen. Dann wurde im Dezember bekannt, dass Firmen wie Spotify und Netflix dank Deals mit Facebook umfassenden Zugriff auf persönliche Daten hatten. Und nun sollen die offiziell getrennten Netzwerke von Facebook Messenger, Whatsapp und Instagram zusammengelegt werden.

Höchste Zeit, das eigene Image aufzubessern. Kurzerhand sponsert der Konzern an der Technischen Universität München (TUM) ein neues Ethikinstitut für künstliche Intelligenz. Es fliessen 6,6  Millionen Euro. So einfach lässt sich via «deep marketing» der eigene Ruf weisswaschen. Für den Social-Media-Giganten ist es ein Leichtes, aus dem Marketingbudget ein paar Millionen abzuzwacken, um sich gemeinnützig zu präsentieren. Immerhin gab Facebook vorletztes Jahr 4,7  Milliarden US-Dollar für Marketing aus.

Leiter des «TUM Institute for Ethics in Artificial Intelligence» wird der Wirtschaftsethiker Christoph Lütge. Er ist nicht als Kritiker von Wirtschaft und Industrie bekannt. Zwar erklärte er in der deutschen «Tagesschau», dass es von Facebook keine Auflagen gebe. Gegenüber netzpolitik.org gibt er jedoch offen zu, dass er kein Problem mit einem allfälligen Imagegewinn des Konzerns habe. So profitiert der Riese aus dem Silicon Valley schon jetzt vom Ruf der TUM. Facebook kann sich als in ethischen Fragen engagiert präsentieren – und so die vielen Berichte über Datenmissbrauch, Fake News und Überwachungskapitalismus glattbügeln. Was am Institut tatsächlich geforscht und publiziert wird, ist zweitrangig.

Seit Jahren verwendet Facebook künstliche Intelligenz, um Gesichter zu erkennen, Sprache zu verstehen und Inhalte zu filtern. Alles mit dem Ziel, mit den Daten der NutzerInnen noch mehr Geld zu verdienen. Mit dem Sponsoring der TUM gaukelt Facebook wohl auch hehre Absichten vor. Frei nach dem Motto: «Das neue Facebook ist ganz anders.» Letztlich geht es aber darum, Regulierungen zu verhindern. Aufgrund der weitreichenden sozialen Auswirkungen von künstlicher Intelligenz sind diese jedoch bitter nötig.