Neues aus der Wissenschaft: Kannitverstan!

Nr. 37 –

«Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird auf die konsequente gemeinsame Nennung der männlichen und weiblichen Form verzichtet.» Wie unsinnig diese Aussage ist, haben wir kürzlich in dieser Rubrik aufgezeigt (siehe «Für alle Ewiggestrigen» , WOZ Nr. 23/2019). Weil nämlich die Lesbarkeit davon abhängt, wie kompliziert ein Text formuliert ist. Aber bitte schön: Auch Beamte und Beamtinnen wollen verstanden werden. Das Zitat stammt aus den Tiefen der Bundesverwaltung, und das Dokument, dem es vorangestellt ist, richtet sich an Fachleute aus dem Gesundheitsbereich. Um ihnen die komplexe Materie näherzubringen, verhandelt man «exemplarische Anwendungsfälle» an so eingängigen Beispielen wie dem «Dr. med. H. Ausarzt», dem «Labor von Dr. P. Ipette», der «Orthopädischen Klinik B. Ruch» oder dem Radiologen – Sie erahnen es sicher – «Dr. med. X. Ray».

Damit hat es sich dann aber auch schon mit dem Verständnisheischen. Das achtzehnseitige Dokument zur «Interoperabilität von EPD-nahen Zusatzdiensten» formuliert «Empfehlungen für die gerichtete Kommunikation». Auf den «Workflow-Fokus» wird dabei zwar verzichtet, und um «Dr. X. Ray» für eine Mitarbeit zu gewinnen, soll diese Interoperabilität so ausgestaltet sein, dass sie «ein individuelles Branding gemäss seiner Corporate Identity erlaubt». Bloss dürfte sich der gemeine Radiologe an dieser Stelle schon längst die Haare raufen. Und Dr. H. Ausarzt erst! Denn er weiss: Beim EPD handelt es sich um das Elektronische Patientendossier, das auch er möglichst bald einrichten und sich einer «Stammgemeinschaft» (konkrete Vorschläge im Dokument: «Xundheit» oder «NidChrank») anschliessen soll.

Jetzt aber: die Zusatzdienste. Hat doch ein findiger Beamter (ja, wir dürfen hier von einem Mann ausgehen) bemerkt: Auf die digitale Plattform mit all den EPDs dürfen Ärztinnen, Apotheker, Spitäler und Labore zwar zugreifen (Erlaubnis der PatientInnen vorausgesetzt), sie dürfen sich untereinander aber nicht darüber austauschen. Denn das wäre gerichtete Kommunikation, bei der es allenfalls sogar zu einem «‹Pingpong› bedingt durch Rückfragen» kommen könnte. Wobei E-Mails nicht zur gerichteten Kommunikation gehören.

Alles klar so weit?

Dann also zur Interoperabilität: Sie soll den Informationsaustausch trotzdem ermöglichen, zumindest technisch. Das «individuelle Branding gemäss seiner Corporate Identity» heisst nämlich nichts anderes, als dass Dr. X. Ray etwa seinen Briefkopf behalten können soll.

Den Kopf kosten sollten solche Dokumente hingegen jene, die sie verfassen.