Erwerbsarbeit in der Schweiz: Das Hamsterrad dreht sich schneller

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Die Arbeitsbedingungen in der Schweiz werden schlechter: Das ist die Erkenntnis aus dem fünften «Barometer Gute Arbeit», das die Gewerkschaft Travail Suisse zusammen mit der Berner Fachhochschule kürzlich vorgelegt hat. Die repräsentative Befragung wird seit 2015 unter 1500 Erwerbstätigen in der ganzen Schweiz erhoben, und in fast allen Branchen geht der Trend in eine Richtung: Die Angestellten sorgen sich immer stärker um ihre Gesundheit und ihre Jobsicherheit, während der Reallohn vieler schrumpft. Schon seit der ersten Erhebung werden das Stresslevel und die psychische Belastung an vielen Arbeitsplätzen als hoch empfunden, während Erholungszeiten und Entlastungsmassnahmen zurückgehen.

In einer immer produktiveren Wirtschaft, in der stets mehr technologische und digitale Hilfsmittel zur Verfügung stehen, sollte die Belastung am Arbeitsplatz eigentlich abnehmen. Ein liberaler Arbeitsmarkt lässt dies aber nicht zu. Auch diesbezüglich liefert die Studie eine interessante Erkenntnis: Während von den Erwerbstätigen immer mehr Flexibilität erwartet wird, bewertet eine Mehrheit der Befragten die firmeninterne Förderung von Weiterbildungen als ungenügend. Auf ein wichtiges Detail verweist die Studie eher am Rand: Viel mehr Männer als Frauen können sich ihre Weiterbildungen vollständig als Arbeitszeit anrechnen lassen. Nur wenige Befragte spüren überdies eine Verbesserung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, viele empfanden Rückschritte.

Weil Stress und Druck am Arbeitsplatz genauso steigen wie Wohnungsmieten und Krankenkassenprämien, dreht sich das Hamsterrad grundsätzlich für alle immer schneller, die von ihrem Lohn leben. In allen drei Dimensionen – Gesundheit, Sicherheit, Motivation – sind Frauen leicht weniger zufrieden als Männer. Noch weit grösser sind die Unterschiede, wenn die Faktoren Bildungsniveau und Staatsangehörigkeit in der Auswertung berücksichtigt werden. Auch das Hamsterrad ist eben in Klassen unterteilt.