EU-Rahmenabkommen: Der letzte PR-Stunt

Nr. 19 –

Das hier ist eine kurze Geschichte über Politik, Medien und PR; sie handelt von einer Umfrage, die gleich zwei Zeitungen am Wochenende auf ihre Titelseite hoben. «Umfrage-Hammer: 64 Prozent für das Rahmenabkommen», titelte der «SonntagsBlick». «Klare Mehrheit im Volk», schrieb die «NZZ am Sonntag». Wer ist der Absender der Umfrage? Und warum kommt sie gerade jetzt?

In Auftrag gegeben hat sie der Branchenverband Interpharma, dessen Mitglieder wie Roche und Novartis als Teil der Exportwirtschaft ein grosses Interesse am Rahmenabkommen haben. Kommunikationschef des Verbands ist seit Oktober der ehemalige FDP-Generalsekretär Samuel Lanz. Während Aussenminister Ignazio Cassis beim Lohnschutz die «rote Linie» überschritt, organisierte Lanz die innerparteiliche Unterstützung für den Vertrag. Bei Interpharma macht er nun dort weiter, wo er bei den Freisinnigen aufgehört hat. Mehr Schlagseite beim Auftraggeber einer Umfrage geht nicht.

Hinzu kommt, dass diese recht offen formuliert ist. Gefragt wurde nach der Unterstützung für ein Rahmenabkommen, von dessen Ausgestaltung war keine Rede. Insgesamt 64 Prozent der Befragten sind dafür, 49 aber nur «eher dafür». Und die Studie ist voller Widersprüche: Gefragt nach möglichen Szenarien, sprachen sich 60 Prozent für eine Kündigung der Bilateralen aus – das Gegenteil des Rahmenvertrags.

Egal, Hauptsache, die Headline stimmt. Schliesslich entscheidet der Bundesrat wohl diese und nächste Woche, ob er das Abkommen in einer Schublade versenkt. Die BefürworterInnen wollen, dass er es ins Parlament schickt – da ist eine Unterstützung in der Bevölkerung ein Argument, wie auch immer sie ermittelt wurde. Erst recht, wenn Lobbyist Lanz die politischen GegnerInnen spalten kann. SP-ExponentInnen sollen wegen der Umfrage über ihre Führung murren, wusste der «Tages-Anzeiger». Kopräsident Cédric Wermuth hatte sich an der Delegiertenversammlung vom Samstag dezidiert gegen den Vertrag in vorliegender Form gestellt. Dabei zeigte seine Rede vor allem eines: dass die Politik am Ende nicht in der Sonntagspresse entschieden wird.