Das Wunderauto: Auf Vertrauensbasis

Nr. 27 –

Die Firma Koenigsegg hat die Technologie von N. L.s Wunderauto nie getestet.


«Car of the future». So pries die schwedische Firma Koenigsegg den NLV Quant am Autosalon Genf an. Der Wagen, an dem der schillernde Schweizer Solarforscher N. L.* (siehe WOZ Nr. 26/09) alle Rechte besitzt, biete «groundbreaking technology». Koenigsegg, jene Firma, die im Juni den Zuschlag erhielt für die Übernahme von Saab, betonte ausserdem, dieser Quant sei Beweis dafür, dass sich Geschwindigkeit, Komfort und Genuss mit Umweltbewusstsein kombinieren lasse.

Dass Koenigsegg bei der Saab-Übernahme seine KonkurrentInnen ausstechen konnte, hat viel mit Vertrauen zu tun. Vertrauen vor allem vonseiten der Europäischen Investitionsbank (EIB), dass das kleine Unternehmen Koenigsegg das grosse Unternehmen Saab erfolgreich führen kann - und Vertrauen, dass Koenigsegg fähig ist, für Saab energieeffizientere, umweltfreundlichere Automobile zu entwickeln. Und so hat die EIB Koenigsegg für die Übernahme einen zweckgebundenen Kredit in der Höhe von 600 Millionen Euro gesprochen. EIB-Projekte würden «sorgfältig ausgewählt», heisst es auf der Webseite der nicht gewinnorientierten Bank, die den EU-Mitgliedsstaaten gehört.

Keine Prototypen

Hat Koenigsegg das Vertrauen der Bank hinsichtlich ihres ökologischen Engagements dank N. L.s Wunderwagen NLV Quant? Auf die Frage, welchen anderen «grünen» Wagen sie neben dem Quant präsentieren können, antwortet Halldora von Koenigsegg diese Woche der WOZ, man habe «schon vor zwei Jahren den Bio Flexifuel Supercar» produziert. Gemeint ist der CCXR, ein ethanolbetriebener Sportwagen, den die Firma damals tatsächlich als «ersten grünen Supercar» anpries. Dieses Jahr sorgte Koenigsegg aber mit N. L.s NLV Quant für Aufsehen.

Doch mit diesem angeblichen Superauto versprächen Koenigsegg und NLV Solar zu viel, so das Fazit dreier namhafter Schweizer Physiker und Solarexperten letzte Woche gegenüber der WOZ. Koenigsegg, denen die Einschätzungen vorliegen, glaubt trotzdem an die Technologie und sagt: «Aus unserer Perspektive ist die von NLV präsentierte Performance in Bezug auf die Technologie bahnbrechend.»

Wo bleiben also die von Koenigsegg versprochenen Prototypen des NLV Quant? «Der NLV Quant gehört der Schweizer Firma NLV. Wir [Koenigsegg, d. Red.] sind seit einiger Zeit vertraglich nicht mehr verpflichtet, weiter an dem Projekt zu arbeiten. Wir haben von NLV die Information erhalten, dass das Projekt immer noch am Laufen ist und wünschen ihnen Glück damit», sagt Halldora von Koenigsegg. Wie die WOZ letzte Woche herausgefunden hat, passiert in den Hallen, wo an den Prototypen gearbeitet werden sollte, aber nichts dergleichen.

Regierung ist kritisch

Und was meint Koenigsegg, wenn die Firma von «bahnbrechender Technologie» spricht? Basiert diese Einschätzung auf Tests oder anderen Evaluationen? Nein. Auf die Frage, worauf das Vertrauen in den Quant und damit in die Person N. L. gründe, antwortet Koenigsegg: «NLVs Engagement und seine Investitionen in dieses Projekt.»

Wie der «Tages-Anzeiger» letzte Woche enthüllte, hatte eine Schweizer Unternehmenserbin von N. L.s NLV Solar Aktien im Wert von fünfzig Millionen Franken gekauft. Sie glaubte an N. L.s Solartechnologie. Die Betroffene klagte vor dem Zürcher Obergericht, N. L. habe sie arglistig getäuscht, unter anderem mit dem Vorhandensein sensationeller Erfindungen. Die Klägerin blitzte damit ab, weil das Gericht befand, sie hätte als erfahrene Investorin besser aufpassen müssen.

Ob dereinst auch Koenigsegg gegen N. L. klagen wird? Oder kam den Designfreaks die Wundertechnik, die nie getestet wurde, im richtigen Moment gerade sehr zupass? Immerhin geht es mit dem Saab-Kauf um den Erwerb einer Automobilmanufaktur, die Koenigsegg bisher noch nicht hat. Und um einen 600-Millionen-Kredit von der Europäischen Investitionsbank. Und letztlich auch um eine Garantie Schwedens mit Steuergeldern. Ob die Regierung diese Garantie gewähren wird, erfährt die Öffentlichkeit voraussichtlich im September. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters äusserte sich Schwedens Industrieministerin Maud Olofsson letzte Woche kritisch: Man werde alles sehr genau prüfen.

* Name der Redaktion bekannt