Kultour
Konzert
Staff Benda Bilili
Begeisternde Musik, lebensfreudiger Tanz: Die Staff Benda Bilili aus Kinshasa ziehen seit etlichen Jahren ihre bemerkenswerte Bahn durch Europa. Da war der Film «Benda Bilili» von 2010 und letztes Jahr die programmatisch betitelte CD «Bouger le monde». Benda Bilili bedeutet «über den äusseren Schein hinaussehen», und der Name bezieht sich darauf, dass mehrere an Kinderlähmung erkrankte Mitglieder der zehnköpfigen Band im Rollstuhl sitzen – in futuristisch verschönerten Rollstühlen allerdings. Nach einer abgesagten Tournee im letzten Frühjahr sind Staff Benda Bilili nun in verstärkter Formation wieder da und werden die Rote Fabrik in Zürich mit kongolesischem Rumba und Afrobeat zum schweisstreibenden Kochen bringen.
Staff Benda Bilili in: Zürich Rote Fabrik,
Do, 12. September, 20 Uhr. www.rotefabrik.ch
Stefan Howald
Lesung
Hamburger fährt aus der Haut
Wenn die eigene Haut zu eng wird und zu platzen droht: Das beschreibt Martin Hamburger in seinem neuen Roman «Die Fahrt aus der Haut», der dieser Tage in der Edition 8 erscheint. Hamburger, 1951 in St. Gallen geboren, einst Buchhändler, Schauspieler und Kabarettist und seit Jahren als Sprecher und Sprechausbildner tätig, meldet sich damit erstmals seit seinem Erzählband «Mut. Anfälle. New York» (1999) als Autor zurück.
Protagonist des Romans (der in Zürich und Prag um das Jahr 2000 sowie in der Ostschweiz der fünfziger und sechziger Jahre spielt) ist der Nachrichtensprecher Dieter Lantmann. Er fühlt sich als Aussätziger, weil ihn das Schicksal von Geburt an mit einem Gebrechen geschlagen hat. Die Begegnung mit Lina veranlasst ihn, aus seinem geordneten Leben auszubrechen. Das Liebesabenteuer führt ihn zunächst in den Ruin; doch nach dem Sturz ins Nichts gelingt es ihm, seine Existenz nicht mehr vom Leiden bestimmen zu lassen.
Darüber hinaus geht es aber auch um die Geschichte einer jüdischen Familie, die nicht jüdisch sein will – und eines Tages von der Vergangenheit eingeholt wird.
An der Vernissage in der Zürcher Buchhandlung im Volkshaus kann man Hamburger in Personalunion als wunderbaren Vorleser und brillanten Geschichtenerzähler erleben.
Martin Hamburger liest aus «Die Fahrt aus der Haut» in: Zürich Buchhandlung im Volkshaus,
Mo, 16. September, 19.30 Uhr.
Adrian Riklin
«Nebenwiderspruch»
Zur gegenwärtigen und noch bis zum 29. September laufenden Niklaus-Meienberg-Ausstellung im St. Galler Kulturraum am Klosterplatz findet ein halbes Dutzend Veranstaltungen statt (siehe www.kultur.sg.ch). Eine weitere Ergänzung bietet ein Abend mit der Schriftstellerin Isolde Schaad. Unter dem schönen Titel «Meienberg, die Genossen und der Frauenstandpunkt» wird sie über die rebellischen Jahre im engagierten Journalismus reden und aus ihrem eigenen Werk lesen. Sprachwitz verbindet sich dabei mit scharfer Analyse. Vielleicht wird sie auch darüber aufklären, was die Formel vom «Nebenwiderspruch» so alles angerichtet hat. Organisatorin ist das Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz.
Isolde Schaad liest und diskutiert in: St. Gallen Archiv für Frauen-, Geschlechter- und Sozialgeschichte Ostschweiz, Florastrasse 6,
Do, 12. September, 20 Uhr.
Stefan Howald
Vortrag
Zürich als Säugling
Zuweilen weiss man nicht genau, wann Metaphern von ihren VerwenderInnen wörtlich gemeint sind. Die US-amerikanische Stadtsoziologin Saskia Sassen zum Beispiel hat in der WOZ Nr. 25/12 ihr Konzept der Stadt als lebendigen, handelnden Organismus vorgestellt: Die Megacity besitze eine «eigene Sprache» und könne «widersprechen». Man weiss ja, was sie meint, auch wenn es merkwürdig tönt. Der deutsche Soziologe Rolf Lindner von der Berliner Humboldt-Universität geht noch einen Schritt weiter und referiert über «Die Stadt als Individuum. Vom Entwicklungsgesetz zum Entwicklungsroman». Wenn man nicht weiss, was er meint, sollte man sich seinen Vortrag anhören. Er eröffnet eine Veranstaltungsreihe der Uni Zürich zusammen mit der Stadtentwicklung Zürich (STEZ) unter dem Titel «Gesellschaftliche Herausforderungen der Stadtentwicklung und ihre Bedeutung für Zürich», und das ist nun doch ganz unmissverständlich – aber halt nicht so schön – formuliert. Eingeleitet wird die Reihe von Zürichs Stadtpräsidentin Corine Mauch und Unirektor Andreas Fischer. Die Vorträge finden – bis zum 26. November – jeden Dienstag von 18.15 bis 19.45 Uhr statt. Saskia Sassen wird übrigens am 22. Oktober zu hören sein.
Vortrag Rolf Lindner in: Zürich Universität Zürich Zentrum, Aula, Di, 17. September, 18.15–19.45 Uhr. Weiteres Programm unter www.wachstumsschmerzen.uzh.ch.
Stefan Howald
Ausstellung
Walter Vogt
Von Beruf war er Arzt: Radiologe und Psychiater. Doch seine Berufung war das Schreiben. Als der Berner Walter Vogt (1927–1988) Mitte der sechziger Jahre seinen ersten Roman veröffentlichte, wurde dieser zum Skandalon. «Wüthrich» ist eine bittere Satire auf die Ärzteschaft und auf das Krankenhauswesen. Vogts Werke waren häufig autobiografisch gefärbt und behandelten Themen wie seine Drogenabhängigkeit oder seine Bisexualität, zu der er sich offen bekannte. Vogt war auch eines der Gründungsmitglieder der Gruppe Olten, die 1971 aus Protest gegen den von reaktionären Kräften dominierten Schweizerischen Schriftstellerverein gegründet wurde.
Am 21. September 1988 starb Vogt. Zu seinem 25. Todestag widmet ihm der Kultur- und Begegnungsort Kulturpunkt in Bern eine Ausstellung. Denn Vogt hat nicht nur geschrieben, er war auch gestalterisch tätig. Zu sehen sind nicht nur Zeichnungen und Objekte, die er Anfang der siebziger Jahre hergestellt hat, sondern es wird auch der Fernsehfilm «Spiele der Macht» mit Heinrich Gretler gezeigt, der auf dem gleichnamigen Buch von Vogt basiert. Die 1993 realisierte Fotoarbeit «Arbeit und Flucht – Walter Vogts Schreibplatz am Murtensee» von Hansueli Trachsel ist zu sehen, und an Vogts 25. Todestag lesen Zeitgenossen und Wegbegleiterinnen wie Fredi Lerch, Doris Halter oder Charles Linsmayer Texte. Anschliessend wird Suppe gegessen.
«Dröx» Ausstellung mit Zeichnungen und
Objekten von Walter Vogt in: Bern Kulturpunkt, Do, 12. September, 18 Uhr, Vernissage. Bis
12. Oktober, Mi–Fr, 14–18 Uhr, Sa, 12–16 Uhr.
Filmprojektion «Spiele der Macht» in: Bern Kulturpunkt, Di, 17. September, und Di, 10. Oktober, jeweils 20 Uhr. www.kulturpunkt.ch
Fotoausstellung «Arbeit und Flucht – Walter Vogts Schreibplatz am Murtensee» in: Bern Kornhausforum, Do, 19. September, 19 Uhr, Vernissage. Bis 12. Oktober, Di–Fr, 10–19 Uhr,
Sa, 10–17 Uhr. www.kornhausforum.ch
Silvia Süess
Film
Metropolis
Der Film ist mehr als ein Klassiker – er ist ein Gigant der Filmgeschichte und bis heute, 86 Jahre nach seiner Entstehung, noch absolut sehenswert: «Metropolis» von Fritz Lang. Lang, selbst einer der grössten Cineasten des 20. Jahrhunderts, schuf mit seiner futuristischen Stadtarchitektur eine Vorlage, die Science-Fiction-Filmen bis in die Gegenwart als Inspiration dient, darunter «Blade Runner» (1982) von Ridley Scott, «The Fifth Element» (1997) von Luc Besson oder die «Star Wars»-Serie von George Lucas.
Das Kino Sil Plaz in Ilanz präsentiert in seiner Reihe «corin invit» den Stummfilm aus dem Jahr 1927 als 16-mm-Projektion, live vertont vom rockig-jazzigen Trio Christian Rösli (Hammondorgel), Andi Schnellmann (E-Bass) und Arno Troxler (Drums). Im Anschluss an die Vorführung findet im Sil Plaz ausserdem eine Podiumsdiskussion statt. Tatsächlich kann die düster-totalitäre Vision von «Metropolis» aus historischer Perspektive durchaus ambivalent gelesen werden.
«Metropolis» von Fritz Lang mit Livemusik in: Ilanz Cinema Sil Plaz, Do, 19. September, 20.15 Uhr. Reservation unter www.cinemasilplaz.ch
Franziska Meister