Kultour

Nr. 13 –

Film

Kurzfilmnacht tourt durch die Schweiz

Das Paradies für alle Filmfreaks: ein Kinoprogramm mit 23 Filmen! Und es kommt noch besser: Gefällt einer nicht, macht das nichts – nach wenigen Minuten ist er vorbei. Und vergessen. Vielleicht in der Erinnerung sogar liebevoll verklärt.

Am 28. März startet die Kurzfilmnacht wieder auf ihre Tour quer durch siebzehn Deutschschweizer Kinosäle. Die Filme verteilen sich auf vier Programme: «Swiss Shorts» umfasst fünf aktuelle Schweizer Produktionen, die weltweit an Festivals Erfolge feiern. Darunter ist auch Marie-Elsa Sgualdos «Man kann nicht alles auf einmal tun, aber man kann alles auf einmal lassen», der für den Schweizer Kurzfilmpreis nominiert ist. Es ist die Geschichte einer grossen Liebe – virtuos aus Archivmaterial zusammenfabuliert. Im Programm «Generation Handy» verkommt das Telefonieren, man ahnt es, zur totalen Nebensache. Stattdessen lässt sich miterleben, wie eine Frau in «Mobitel Mania» von Darko Vidackovic aus Kroatien total mit ihrem Handy verschmilzt. Oder was passiert, wenn man wie in «97%» von Ben Brand aus den Niederlanden das Finden der grossen Liebe einer App überlässt.

Freuden und Nöte gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern oder Kinderwunsch beleuchtet das Programm «We Are Family», während im Programm «Western» nicht nur einschlägige Aficionados auf ihre Rechnung kommen dürften. Die Tour beginnt in Zürich neu in drei Kinos: im Le Paris und im Piccadilly am Stadelhofen sowie im Uto an der Kalkbreite. Danach gehts über Basel, Chur und verschiedene Stopps im Aargau weiter nach Biel, in die Inner- und Ostschweiz und schliesslich bis nach Winterthur, wo die Kurzfilmnacht am 24. Mai zu Ende geht.

Kurzfilmnacht-Tour in: Zürich Kinos Le Paris ab 20.45 Uhr, Piccadilly ab 21 Uhr und Uto ab 
22.30 Uhr, 28. März 2014; Tickets über www.arthouse.ch. Weitere Spielstätten und -daten unter 
www.kurzfilmnacht-tour.ch.

Franziska Meister

Theater

Currywurst zum Ersten

«Wo gibts die beste Currywurst in der Stadt?» ist ein beliebtes Gesellschaftsspiel. In Berlin zum Beispiel schwört man auf Konnopke unterm U-Bahn-Viadukt an der Eberswalder Strasse, eine Pilgerstätte für alle Junkfood-LiebhaberInnen. Alles eine Frage des Geschmacks.

Keine Frage des Geschmacks sind Uwe Timms Kinderbücher, die in den Lektürekanon von Lesesprösslingen gehören, weil sich Uwe Timm nämlich so gut an seine eigene Kindheit erinnert. Aber auch für die Erwachsenen blickt er in diese Zeit zurück und macht sich beispielsweise in «Die Entdeckung der Currywurst» auf die Suche nach der ehemaligen Besitzerin der Imbissbude am Hamburger Grossneumarkt. Lena Brückner lebt jetzt hochbetagt im Altersheim und erzählt dem Autor ihre Lebensgeschichte. Sie führt zurück ins Jahr 1945 in ein Kino auf die Reeperbahn, wo Lena einen jungen Soldaten kennenlernt. Wie es dabei auch noch zur Entdeckung der Currywurst kam, wird Jaap Achterberg unter der Regie von Klaus Henner Russius demnächst am Zürcher Sogar-Theater erzählen und die Novelle damit zum ersten Mal in der Schweiz auf die Bühne bringen.

«Die Entdeckung der Currywurst» in: Zürich 
Sogar Theater, 27. März 2014, 20.30 Uhr, Premiere. Weitere Aufführungen auf www.sogar.ch/die-entdeckung-der-currywurst.html.

Ulrike Baureithel

Festival

In Guitar: Leo Brouwer

Der Kubaner Leo Brouwer gehört zu den bedeutendsten Komponisten, die Lateinamerika in der zeitgenössischen Musik hervorgebracht hat. Der 1939 Geborene ist seit den sechziger Jahren in Kubas Musikleben präsent und hat gegen 300 Kompositionen geschrieben, die meisten davon für die Gitarre. Mit dem 1985 in Zürich gegründeten Eos Guitar Quartet verbindet ihn eine langjährige Freundschaft. Brouwer, der auch als Dirigent, Gitarrist und Lehrer aktiv ist, hat sich intensiv mit Béla Bartók, Igor Strawinsky, Arnold Schönberg und der Avantgarde auseinandergesetzt. Diesen Einflüssen setzt er diejenigen der kubanischen und afroamerikanischen Musik entgegen.

Im Rahmen des In-Guitar-Festivals in Winterthur ist neben Brouwer selbst und dem Eos Guitar Quartet auch die chinesische Gitarristin Xuefei Yang mit Brouwers Kompositionen zu hören. Der Rahmen des Festivals ist aber noch weiter gefasst. So spielen kubanische und venezolanische Musiker, die in der Schweiz leben, unter dem Namen Azúcar zu einer Noche Cubana auf. Mit dem Guitar Sound Orchestra ist das grösste einheimische Gitarrenorchester zu hören, mit Albert Lee steht auch ein Grosser der Countrymusic auf der Bühne. Der Bassist Rätus Flisch präsentiert das Quintett World of Strings, und die Österreicherin Julia Malischnig lässt Soul aufleben. Das Festival wird mit Workshops, Kurzkonzerten sowie einer Gitarrenausstellung erweitert.

In Guitar «Hommage an Leo Brouwer» in: Winterthur Casinotheater (Festivalzentrum), Stadthaus, Albani, Esse, Theater am Gleis, 
Do, 27. März 2014, bis So, 6. April 2014. www.inguitar.ch

Fredi Bosshard

Elmiger, Bärfuss, Lüscher

Das Wort «Wortlaut» fällt derzeit oft und entfaltet eine bedrohliche Wirkung. Die Initiativen der SVP sollen möglichst im «Wortlaut» umgesetzt werden, sagen die bürgerlichen PolitikerInnen, obwohl sie verfassungswidrig sind, was auch die sozialdemokratische Justizministerin weiss. Ein Wort, das auf nur eine Bedeutung reduziert wird, bietet keinen Ausweg mehr, die Sprache schlägt um in Gewalt. Und buchstabengetreu werden die Handschellen in den Ausschaffungsgefängnissen zuschnappen.

Dagegen passt ganz gut, dass das Wortlaut-Literaturfest in St. Gallen am Freitag von Dorothee Elmiger eröffnet wird. Die Schriftstellerin klopft jedes Wort auf seine Bedeutungen ab, ihr neues Buch, «Schlafgänger», wird zu einem Sog aus Stimmen, bis sich die Grenzen aufzulösen beginnen: zwischen den Kontinenten, zwischen Tag und Traum, Politik und Poesie. Und auch der Künstler Bas Jan Ader (1942–1975) fährt darin los in seinem Boot, «In Search of the Miraculous». In St. Gallen liest Elmiger erstmals zusammen mit Hanif Idris aus dem neuen Buch, dazu gezeigt wird ein Film von Fabienne Ehrler.

Am Wortlaut-Literaturfestival sind weitere AutorInnen zu hören, die dazu beitragen, dass die Literatur aus diesem Land so gegenwärtig klingt wie schon lange nicht mehr: Lukas Bärfuss stellt sein Buch «Koala» vor, in dem er sich mit dem Selbstmord seines Bruders beschäftigt; Jonas Lüscher liest in Rorschach am Bodensee aus «Frühling der Barbaren», seiner Novelle über die Finanzkrise. Dazu gibt es Comics, Graphic Novels, Slam Poetry.

6. Literaturtage «Wortlaut» in: St. Gallen, 
27.–30. März 2014. www.wortlautsg.ch

Kaspar Surber

M4Music

«Geh doch nach Berlin, wohin deine Freunde ziehen», spottete einst die Spasspunkkapelle Angelika Express. Die Sogwirkung von Berlin scheint für MusikerInnen ungebrochen. Das M4Music-Festival widmet diesem Phänomen einen Schwerpunkt: Die Emigranten Tobias Jundt von Bonaparte und Stefan Rusconi vom Rusconi Trio diskutieren, ob Berlin die neue Schweizer Musikhauptstadt sei. Weniger an solchen Zuschreibungen als an Dekonstruktionen interessiert sein dürften Max Dax und Diedrich Diedrichsen, die sich über Diedrichsens Theoriewerk «Über Pop-Musik» unterhalten (vgl. WOZ Nr. 10/2014 ).

Bevor die Köpfe rauchen, warten im Schiffbau in Zürich zahlreiche Konzerte: etwa von den New Yorkern We Are Scientists, die ihre Indiepop-Forschungen unter dem Titel «Business Casual» präsentieren, oder vom Duo Broken Bells mit Danger Mouse und James Mercer, das auf «After the Disco» mit knarrenden Beats und melancholischem Gesang zurückkehrt. Zu hören gibt es auch viele Bands aus der Schweiz, ob noch da oder schon auf dem Sprung. Aus der langen Liste zur Empfehlung ausgewählt: der Churer Rapper Milchmaa, die Berner Artrocker Jeans for Jesus und die Zürcher Wolfman mit ihrem Dreampop.

M4Music in: Zürich, 27.–29. März 2014. 
www.m4music.ch

Kaspar Surber

Ausstellung

Bernard Dubuis

Das Fotomuseum Vevey zeigt das Werk von Bernard Dubuis, einem der grossen Chronisten des Wallis. Seit rund vierzig Jahren ist Dubuis mit seiner Leica M unterwegs, er wirft einen beinahe ethnologischen Blick auf die unterschiedlichsten Aspekte des Lebens im zweisprachigen Kanton und über seine Grenzen hinweg. Er nimmt die A9 im Rhonetal in den Fokus, den Kampf der «königlichen» Kühe, besucht die hydroelektrischen Bauten von Cleuson-Dixence und Nant de Drance, den Lötschbergtunnel und den vom Mont-Chemin. Er folgt den architektonischen Besonderheiten und setzt immer wieder den Menschen in seinem Alltag ins Bild. Dubuis ist Dokumentarist im Geist von Guy Le Querrec und Robert Frank und fotografiert schwarz-weiss.

Bernard Dubuis «Tant et temps de passages» in: Vevey Musée suisse de l’appareil photographique. Di–So, 11–17.30 Uhr. Bis 30. August 2014. 
www.cameramuseum.ch

Fredi Bosshard