WOZ News

Nr. 15 –

Erschienene

Zum hundertsten Geburtstag von Billie Holiday druckte die NZZ ein Porträt der Jazzsängerin ab, die Bildlegende dazu lautete: «Kultobjekt und Ikone – Billie Holiday, zirka 1970.» Da die Sängerin zu diesem Zeitpunkt bereits elf Jahre tot war, legen wir das «zirka» grosszügig aus. Selbstverständlich können wir aber auch nicht ausschliessen, dass die Fotografie im Rahmen eines erfolgreichen Jenseitskontakts mit klar konturierter Aura entstand.

Geschmackliche

«In den letzten Jahren sind Nail-Studios wie Pilze aus dem Boden geschossen», stand in der «Schweiz am Sonntag». Nun beleidigt diese Mode ja schon grundsätzlich unseren Schönheitssinn, doch dank des hier verwendeten Sprachbilds wird sie nachgerade zur Krankheit. Dabei warnte «20 Minuten» schon vor zwei Jahren: «Unter den künstlichen Nägeln lauern die Erreger.» Ungeachtet dessen weiss die «Aargauer Zeitung» aktuell: «Trotzdem kann man mit einem Nail-Studio eine Familie ernähren.» Sorry – aber jetzt reichts!

Staunende

Wie die Zürcher Gemeinderätin Nina Fehr Düsel (SVP) im «Tagblatt der Stadt Zürich» berichtete, vermisste sie kürzlich nach einem Kinobesuch ihre Halskette. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass jemand die Kette an der Kinokasse abgegeben hatte, worauf die Zürcher Volksvertreterin schrieb: «Dass es dies gerade in der Stadt Zürich gibt, freut mich sehr.» Wo die StadtzürcherInnen doch sonst blitzschnell alles verschwinden lassen, was ihnen in die gierigen Finger fällt. Frau Fehr Düsel kandidiert jetzt übrigens für den Zürcher Kantonsrat. Auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung.

Verkürzte

Im Anschluss an Radionachrichten wird immer der Name einer oder eines Sendungsverantwortlichen genannt. Komiker Peach Weber nahm das zum Anlass, sich in einer Kolumne für die «Neue Zuger Zeitung» Gedanken zum Thema Verantwortung zu machen. Er fragte: «Trägt sie die Schuld, dass der Nahostkonflikt wieder mal gescheitert ist (…)?» Ach, wäre dem doch so! Noch heute würden wir an die vereinten NachrichtensprecherInnen dieser Welt appellieren, den Nahostkonflikt zum Scheitern zu bringen – und zwar subito!

Vorausschauende

Zum Thema Nationalismus hiess es in der Druckausgabe der letzten WOZ: «Nebst dem Niedergang der liberalen Nationalstaatsidee sind es das zurückgebliebene Leid und die Zerstörung durch den Krieg sowie die Wirtschaftskrise, die die Menschen den Faschisten in die Armee treiben.» Dass sich die «Arme» der Faschisten hier bereits übergangslos in deren «Armee» verwandelt hatten, fand Leser K. «durchaus sinnhaft mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg». Wir danken für die freundliche Einschätzung und überlegen jetzt, wo überall sonst wir historische Prozesse mit sprachlichen Mitteln verkürzen könnten.

Ornithologische

Der «Tages-Anzeiger» berichtete über die Renovation des Jugendkulturhauses Dynamo, das nun endlich über eine «Nott-reppe» verfüge. Der scheue Vogel, den man schon ausgestorben glaubte, verbirgt sich meist in dunklen Winkeln unterm Dach und ernährt sich mehrheitlich von Popcorn und Gras.

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