LeserInnenbriefe

Nr. 7 –

Unterlassungssünde

«Asylpolitik: Versorgt und vergessen», WOZ Nr. 6/2019

Es mögen vielleicht sechs Jahre vergangen sein seither, für Jahreszahlen hatte und habe ich kein Gedächtnis: Ob ich sie zähle oder nicht, sie reihen sich aneinander, und sie sind nichts anderes als Vergangenheit und meistenteils auch vergessen! Wie ein Blitz hat mich jedoch die Überschrift in der WOZ «Versorgt und vergessen» getroffen. Vor mir entstehen Bilder, viel üblere, als sie im Artikel beschrieben sind.

In meiner Erinnerung war wunderbares Vorsommertagwetter angesagt. Allzu kompliziert konnten wir wegen der «Fastblindheit» meines Mannes nicht planen. Weil ich den Balmberg als Tagungsort für Gewerkschaftskurse und SP-Anlässe kannte, entschlossen wir uns für einen Spaziergang auf dem Balmberg.

Wir begegneten auf dem Weg zur Hütte der Asylanlage bereits einzelnen Männermenschen in verwahrlostem Zustand. Auch der Zustand im Aufenthaltsraum ist kaum zu beschreiben. Drei junge Männer waren da. Einer lag angekleidet auf einer zerfallenen Liege und versuchte, schlotternd vor Kälte, ein tuchähnliches Etwas über sich zu ziehen. Ich, so einfältig, dumm und naiv ich damals noch war, versuchte, diese Menschen freundlich anzusprechen. Das Resultat waren ausgehungerte Augen, geprägt von Angst und Verlorenheit. Nebenan war die Küche, wo unter sogenannter Betreuung gekocht wurde. Alles in diesem Raum wirkte schmutzig und verwahrlost.

Was war nur damals mit mir los? Wir traten, ohne zurückzublicken, unseren geplanten Spaziergang auf dem Balmberg an. Ich kann mein damaliges Verhalten nicht damit entschuldigen, von der «Fastblindheit» meines Mannes ganz in Anspruch genommen gewesen zu sein. Das Elend ging protestlos an mir vorbei. Normalerweise, so wie ich mich heute in der Öffentlichkeit mit Entschiedenheit für Protest und Einsprache zeige, wäre ich damals im Schnellzug bei der zuständigen Behörde aufgetaucht. Eine Wanderdemo auf dem Balmberg wäre ja auch heute noch möglich, mit vielen friedensbewussten jungen Menschen! Ich muss darüber nachdenken, ob damit meine Unterlassungssünde von damals gesühnt würde.

Louise Schneider-Rüedi, Liebefeld

Verzicht auf Milch

«Milchkühe: Direkt vom Euter ist viel gesünder», WOZ Nr. 6/2019

Bei allem Respekt für die im Bericht mitfühlende WOZ: Die einzig richtige Reaktion beim Erkennen, wie schlecht es Milchkühen geht, wäre der vollständige Verzicht auf Milch, was aber nicht mal eine Zeile wert war. Die beschriebenen Verbesserungen sind nichts, können sogar kontraproduktiv sein, weil die Konsumierenden dann sagen: «Jetzt dürfen wir, den Tieren gehts ja besser.»

Milch ist doch eindeutig ein Produkt der Natur für Kälber und garantiert nicht für erwachsene Menschen oder gar Menschenkinder. Wenn ihr schon das Tierleid seht, warum bloss ruft ihr nicht endlich dazu auf, mit dieser Ausbeutung aufzuhören? Kühe geben nicht einfach Milch, sie müssen dazu jährlich zwangsgeschwängert werden, man nimmt ihnen die Kinder weg, und man tötet sie jung, weil sie schon nach ein paar Jahren ausgelaugt und wertlos werden. Gilt übrigens auch für Biokühe.

Als Arzt kann ich auch garantieren, dass Verzicht auf Milch und überhaupt alle Tierprodukte problemlos möglich ist, wir könnten sogar noch gesünder leben ohne sie. Und der Klimawandel und der Welthunger würden auch profitieren. Tiere verdienen es, dass wir sie nicht als Produktionsmaschinen missbrauchen, sondern als fühlende, leidensfähige und unschuldige Lebewesen achten.

Renato Werndli, Eichberg