Agenda

Nr. 44 –

Rückkehr der Ironie

Adam Green hat Talente zum Verschenken: Ende der neunziger Jahre wurde der New Yorker mit dem Antifolkduo Moldy Peaches berühmt, mit seinen darauffolgenden Soloalben landete er zahlreiche Hits. Auch als Schriftsteller liess Green aufhorchen, sein zweisprachiger Gedichtband erschien im Suhrkamp-Verlag, übersetzt von Popautor Thomas Meinecke. Als Regisseur drehte Green mit dem Smartphone den Film «The Wrong Ferrari» sowie in Pappkulissen die Groteske «Aladdin». In seiner aktualisierten Fassung des Märchens ist der Flaschengeist das Interface eines 3-D-Druckers. Beide Filme finden sich in voller Länge auf Youtube. Nun kommt Adam Green wieder einmal als Musiker auf Besuch in die Schweiz. Die Songs auf seinem zehnten Soloalbum «Engine of Paradise» sind wie gewohnt kurz gehalten, gut gelaunt und voll von Ironie. Mit seiner vertrauenswürdigen Baritonstimme singt sich Green durch süsse Streicherarrangements. Ist das alles noch erträglich in einer krisenhaften Gegenwart? Vielleicht lohnt Adam Green gerade deshalb eine Wiederentdeckung, weil er sich nicht auch noch zur Politik äussert. Gute Laune kann in grimmigen Zeiten ja durchaus eine subversive Wirkung haben.

Adam Green in: St. Gallen Palace, Do, 31. Oktober 2019, 20.30 Uhr; Basel Sommercasino, Fr, 1. November 2019, 21 Uhr; Lausanne Le Romandie, Sa, 2. November 2019, 21.30 Uhr; Zürich Papiersaal, So, 3. November 2019, 20 Uhr.

Erinnerung an HIV

Dank medizinischer Fortschritte kann eine HIV-Infektion heute als chronische Krankheit behandelt werden: zumindest in reichen Ländern. Die Ausstellung «Problem gelöst? Geschichte(n) eines Virus» ruft den jahrzehntelangen gesellschaftlichen Kampf gegen die Krankheit und die bis heute fortdauernde Stigmatisierung von Menschen mit HIV in Erinnerung. Ausgehend von Zürich in den Achtzigern und Neunzigern, spannt sie einen Bogen zur Situation heute. Aids wird dabei unter den Aspekten der Sozialpolitik, Medizin, Community-Arbeit, Aktivismus, Erinnerungs- und Trauerkultur näher betrachtet. Die Präsentation in der Shedhalle der Roten Fabrik verbindet Archivmaterial mit künstlerischen Arbeiten. Hinzu kommen über ein Dutzend Interviews. Sie vermitteln Erfahrungen von Menschen, die beruflich seit den ersten Stunden mit Aids konfrontiert sind, und geben Einblicke in die Leben von Menschen, die mit dem HI-Virus leben, zum Teil schon seit der Geburt.

«Problem gelöst?» in: Zürich Rote Fabrik, Shedhalle, bis 5. Januar 2020. Vernissage am Do, 31. Oktober 2019, ab 18 Uhr. Am So, 10. November 2019, findet um 14 Uhr eine Informationsveranstaltung zum Umgang mit Aids in Russland, der Ukraine und der Türkei statt.

Kochshow zu Europa

Nach dem Ersten Weltkrieg findet 1919 die Friedenskonferenz von Versailles statt. Im Glauben an die Selbstbestimmung der Nationen wird eine politische Neuordnung geschaffen. Künftige Probleme zwischen den Staaten sollen auf diplomatischem Weg gelöst werden. Hundert Jahre später laden die PerformerInnen der Kula-Compagnie in ihrer Komödie «Europe. Eine Nationalversammlung» zu einer Zeitreise ein. Die europäische Realität von 1919 und ihre ProtagonistInnen werden in einer rituellen Ahnenbeschwörung mit Kochen und Essen zu neuem Leben erweckt und mit den politischen Verwerfungen der Gegenwart konfrontiert. Vor der Aufführung sprechen Robert Schuster und Julie Paucker über die transnationale Theaterarbeit der Kula-Compagnie.

«Europe. Eine Nationalversammlung» in: Chur Theater Chur, Fr, 1. November 2019, 19 Uhr. Einführungsgespräch um 18 Uhr.