LeserInnenbriefe

Nr. 5 –

Weniger Kilometer!

«Autohandel: Auf Europas Schrottplatz», WOZ Nr. 3/2020

Der Artikel über den Autohandel greift wie so manches in dieser Zeit zu kurz. Ich denke, es ist nicht sehr erhellend, diesen Teilaspekt des Themas Auto separat zu betrachten. Da, selbst konservativ gerechnet, bei einem Auto ein Drittel aller Emissionen bei der Herstellung entsteht, ist es nicht grundsätzlich falsch, ein Auto so lange wie möglich zu fahren. Sechzehn Jahre (und 200 000 Kilometer) sind da eigentlich noch kein Alter. Wenn man dazu noch in Betracht zieht, dass sich zumindest beim Benziner seit der Einführung des Katalysators weder bezüglich Verbrauch noch Emissionen Bahnbrechendes getan hat, ist neu nicht unbedingt besser. Ob wir also alte Autos exportieren oder neue kaufen, immer entsteht ein grosser Teil der Emissionen woanders.

Ich schlage vor, die ganze Betrachtungsweise zu ändern: Autos verbrauchen weder Energie, noch stossen sie Abgase aus. Der Mensch, der drin sitzt, tut es, um sich fortzubewegen, und lässt es tun bei der Herstellung und Entsorgung. Ihm gebührt also die Etikette von A bis G. Das führt zumindest bei mir zur Einsicht, dass es weniger um bessere Fahrzeuge geht als vielmehr um die Reduktion der gefahrenen Kilometer. Wir sollten mit allen Mitteln versuchen, Mobilität mit weniger Verkehr zu erfüllen.

Wenn wir Bulgarien also Vorbild sein wollen, wäre es vielleicht sinnvoller, unser Verkehrssystem und damit den öffentlichen Raum radikal dahin gehend umzugestalten, als irgendwann grosse Mengen Teslas mit kaputten Batterien gegen Osten zu exportieren. Vielleicht könnten wir uns da ja am Vorbild Kopenhagen orientieren. Wenn wir das Problem Auto als Ganzes betrachten, ist doch auch der im Artikel erwähnte Mafiaaspekt im Vergleich zum Dieselskandal allerhöchstens Lokalkolorit.

Georg Traber, per E-Mail

Wef: Unterwegs nach Davos

«Wef-Winterwanderung: Mit Koalas, Schnaps und Delegierten», WOZ Nr. 4/2020

Sie beschreiben die gute Atmosphäre bei der Winterwanderung von Landquart nach Davos. Leider kann ich den Eindruck nicht teilen. Ich bin als Einzelperson angereist. «Die OrganisatorInnen achten sehr sorgfältig darauf, dass niemand allein gelassen wird» und dass es «für alle, die noch keine Bezugsgruppe (…) gefunden haben, ein Treffen zur Bezugsgruppenfindung gibt.» Davon habe ich nichts gesehen. Es gab auch keinen Hinweis, wo es hätte stattfinden sollen. Die «Peacekeeperin», die ich angesprochen habe, fühlte sich nicht bemüssigt, mir Infos zu geben. Die war in ihrem «Peacekeepen» dann doch recht kurz angebunden. Kontaktaufnahme mit anderen TeilnehmerInnen war ebenfalls schwierig. Sobald man den Versuch machte, mit einer Gruppe Kontakt aufzunehmen, duckte sie sich weg, wie man so schön sagt. Was steckt dahinter: «Oh, den kennen wir aber nicht, der ist fremd, der könnte vielleicht ein Bulle sein»? Das ist übrigens eine Erfahrung, die ich auf Demos und bei verschiedenen Gruppierungen seit Jahrzehnten mache: das Gefühl «Stör uns unsere Kreise nicht».

Was tun, wenn man den offensichtlichen «Stallgeruch» eines Aktivisten nicht mitbringt? Und auch keinen Wert darauf legt? Zu Hause bleiben? Kein öffentliches Engagement mehr? Das ist der Schluss, den ich daraus ziehe. Ich fürchte, mehr als für sich selbst offen und emanzipatorisch zu leben zu versuchen, geht nicht.

Bernd Mensing, per E-Mail

Auch ich wollte fürs Klima und für Biodiversität in Davos demonstrieren. Dafür nahm ich mir drei Tage frei. Als Zeichen meiner Herkunft nahm ich eine Schweizer Fahne mit. Schon bald wurde mir die Fahne von einem dieser «schwarz gekleideten Jugendlichen mit Anarchiefahnen» entrissen und besprayt. Immer wieder wurde mir gesagt, dass die Fahne unerwünscht sei. Am Sonntagabend baten mich die Organisatoren, die Fahne nicht weiter mitzunehmen. Da ich mit einer Schweizer Fahne in dieser Gruppe schmerzlich ausgegrenzt wurde, brach ich die Wanderung ab. Ist das eine Vision einer besseren Welt?

Hatto Schmidlin, per E-Mail

Fleischverzicht

«Klimagespräche: Die Überforderung überwinden», WOZ Nr. 3/2020

Es sind zwar nur zwei Sätze im Artikel, aber sie sagen viel aus: «Weniger Autofahren», «kein Fleisch essen» oder «Ölheizungen verbieten» setzen oft am falschen Ort an. Wer beruflich aufs Auto angewiesen ist oder eine alte Mietwohnung hat, kann wenig damit anfangen.

Es ist bezeichnend, dass für die wirksamste und am schnellsten umsetzbare Klimaunterstützung, den Fleischverzicht, kein Gegenargument aufgezählt ist, es gibt auch keines. Und als positiven «Neben»-Effekt hätten wir bei solch einem Verzicht endlich das besonders für Linke interessante Ende der Unterdrückung der allerschwächsten empfindungsfähigen Wesen, der «Nutz»-Tiere. Es ist Zeit, dass die Menschheit endlich versteht, dass es ein Unrecht ist, was wir mit diesen unschuldigen Tieren tagtäglich, ohne zu reflektieren, machen.

Renato Werndli, Zürich