Leser:innenbriefe

Nr. 24 –

Stimmen der Schwarzen

«Sklaverei: Die Schande des Bundesrats», WOZ Nr. 21/2022

Ich fand den Artikel über die Verstrickung der Schweiz in die Sklaverei und die heutige Haltung des Bundesrates sehr gut. In der Chronik der Sklavereikritik fehlten mir aber die Stimmen von Schwarzen. Es gab wichtige Stimmen von Schwarzen, die die Sklaverei am eigenen Leib erlebt hatten. Ich denke an Frederick Douglass, Harriet Tubman oder Sojourner Truth. Diese gehören unbedingt auch in eine derartige Chronik.

Sabine Hohl, per E-Mail

Umstrittene Inklusion

«Volksschule: Ein System am Anschlag», WOZ Nr. 22/2022

In den letzten Jahrzehnten floss immer mehr Geld in die Bildung. Man würde meinen, die Öffentlichkeit habe die Bedeutung der Schule erkannt … Doch nichts ist weniger wahr! Das Geld fliesst zu immer grösseren Teilen in die Bildungsverwaltung und wird stets weniger für den eigentlichen Unterricht eingesetzt. Die integrative Schule mit Klassengrössen von bis zu 25 Schüler:innen ist dafür ein gutes Beispiel. In den Verwaltungen werden dauernd neue «Entwicklungen» ausgeheckt und vorangetrieben; in jedem Kanton wird fieberhaft an Modellen gearbeitet, wird die Lehrerschaft zu unzähligen Bewertungen gezwungen, damit in der Verwaltung Qualitätskontrollen durchgeführt werden können und damit auch wirklich alles bis ins letzte Detail dokumentiert ist. Administrative Tätigkeiten belasten heute den Schulalltag einer Lehrperson mehr und mehr.

Die integrative Schule könnte durchaus ein Erfolgsmodell sein, aber nur wenn man die Schüler:innenzahl pro Klasse wirklich drastisch reduziert und die Lehr- und Begleitpersonen (Logopädie, Ergotherapie, Heilpädagogik usw.) in Ruhe miteinander zusammenarbeiten lässt, diese sich also nicht dauernd den «von oben» diktierten neuen Verordnungen und Weisungen unterwerfen müssen.

Kurz zusammengefasst: Mehr Geld für die Schulen und deutlich weniger Finanzen für die Schulverwaltung!

Marc Blaser, per E-Mail

Ich begrüsse den Text und die Stellungnahme der WOZ zur Initiative, die in Basel die Kleinklassen wieder einführen will. Ein wesentlicher Aspekt jedoch kommt im Artikel zu kurz. Die Frage ist nicht primär, wie viele Kinder «mit besonderen Bedürfnissen» integrativ unterrichtet werden. Die Frage ist vielmehr, wie integrativ oder inklusiv die Schule als Ganzes ist.

Die Basler Volksschule versteht sich als eine Integrative Schule. Ich bestreite aber, dass wir tatsächlich eine Integrative Schule haben. Basel hat ein leistungs- und konkurrenzorientiertes Schulsystem. Die Sekundarschule verfügt über drei Leistungszüge, wobei der A-Zug mit der Gruppe der leistungsschwächsten Schülerinnen und Schüler durchaus den früheren Kleinklassen ähnlich ist, was den Migrations- und Bildungshintergrund der Kinder, was Stigmatisierung, Verhaltensauffälligkeiten, Lernmotivation und schulische Leistungen betrifft. Die Selektion für die drei Leistungszüge liegt in der Verantwortung der Primarschule, mit dem entsprechenden Leistungsdruck und der Versagensangst der Eltern und Kinder bereits auf dieser früheren Stufe. Diese stark selektionierende Schule trägt viel zu den Verhaltens-, Lern- und Motivationsproblemen bei, unter denen sie jetzt leidet.

Die Initiative, die eine implizite Aussonderungs-Initiative ist, ist der völlig falsche Lösungsansatz. Wichtig wäre, dass sich die Volksschule strukturell auf den Weg zu einer integrativeren Schule begibt. Wichtig wäre deshalb die Aufhebung der Leistungszüge und damit auch die Entlastung der Primarschule. Wichtig wären kleinere Klassen. Das alles wäre nicht revolutionär, und es wäre ohne neue Schulreform zu haben.

Dabei muss die Schule wissen, dass sie eine integrative Schule immer im Rahmen der Gesamtgesellschaft ist. Unsere Gesellschaft aber ist nicht inklusiv. Soziale Prozesse der Ausschliessung und Ausgrenzung sind ein wesentliches Thema der modernen Soziologie. Die Pädagogik wiederum stellt den Inklusionsgedanken ins Zentrum, oft ohne die gesellschaftliche Wirklichkeit zu berücksichtigen.

Fitzgerald Crain Kaufmann, Basel

Arbeiter:innenrechte

Zum Ukraineblog der WOZ

Ich bin immer ganz gespannt, ob es einen neuen Beitrag im Ukraineblog gibt. Im Einheitsbrei der Berichterstattung erfahre ich bei der WOZ, was die Sorgen der Arbeitnehmenden in der Ukraine sind, wie im Artikel vom 7. Juni. Wahrscheinlich die momentane Kriegssituation ausnützend, solle eine maximale Flexibilisierung des Arbeitsmarktes erreicht werden. Den militärischen Kampf der Ukraine zu unterstützen bedeute, die Demokratie im Westen zu sichern, wird oft geschrieben.

Ich bin froh, erkannte der Schweizerische Gewerkschaftsbund, dass damit auch ganz konkret die Arbeiter:innenrechte gemeint sind, und dass nicht nur Russland deren Feind ist.

Christina Dolderer, per E-Mail