Was weiter geschah: Rüge für die Basler Justiz

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Letzte Woche hiess das Bundesgericht mehrere Beschwerden gut – und rügte das Appellationsgericht Basel-Stadt. Der Grund: Dieses hatte im Februar 2022 im Zusammenhang mit den «Basel Nazifrei»-Prozessen mehrere Ausstandsbegehren gegen das Basler Strafgericht und dessen Richter:innen abgewiesen – jedoch ohne den Sachverhalt ausreichend abgeklärt zu haben, wie das Bundesgericht nun urteilte. Zudem sei das rechtliche Gehör der Betroffenen verletzt worden. Der Fall muss vom Appellationsgericht neu beurteilt werden.

Die Prozesse sorgten für Aufsehen, weil die Strafbehörden ausserordentlich harte Urteile fällten. Unter dem Motto «Basel Nazifrei» hatten sich Ende 2018 rund 2000 Personen einer rechtsextremen Kundgebung in den Weg gestellt, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die WOZ war damals vor Ort und schrieb von einem «fragwürdigen» Vorgehen der Polizei, «die auch aus kürzester Distanz, ohne deutliche Vorwarnung und ohne ersichtlichen Grund Gummischrot in die Menge feuerte». Die Basler Staatsanwaltschaft sah das anders und erhob über fünfzig Anklagen gegen Demoteilnehmer:innen.

Die WOZ konnte im April 2021 anhand geleakter Mails nachweisen, dass es im Vorfeld zu heiklen Unterredungen unter Richter:innen des Strafgerichts kam. Mehrere Verteidiger:innen von Angeklagten stellten besagte Ausstandsgesuche gegen das Strafgericht.

Es ist nicht das einzige offene Verfahren gegen die Basler Strafbehörden in der ganzen skandalträchtigen Angelegenheit. So hat der Anwalt Andreas Noll, der auch mehrere ­«Basel Nazifrei»-Demonstrant:innen verteidigt, bereits im Dezember 2021 Strafanzeige gegen die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft eingereicht, weil diese «manipulierte Videozusammenschnitte» eingesetzt hätten. Die entsprechende Untersuchung, die ein ausserordentlicher Staatsanwalt aus dem Kanton Schaffhausen verantwortet, läuft noch.

Nachtrag zum Artikel «RichterInnen unter Verdacht» in WOZ Nr. 15/21.