Film: Geil wie Käse

Nr. 48 –

«Tatsächlich ist Käse ziemlich sexuell.» Während sie Rinde abschabt und Raclette in Scheiben trennt, beschreibt die junge Frau die körperliche Reaktion, die der starke Geruch des Käses bei den Kund:innen auslöse, wenn sie den Laden betreten. Und erzählt von einem Kunden, der an einem Tag dreimal in ihren Laden kam. «Wir haben 45 Minuten über Fondue gesprochen, aber wir hätten auch gleich ficken können.» Es sei der Käse, der das bewirke.

Eine Protagonistin wie Mélanie Bosse ist ein Glück für einen Dokumentarfilm. Sie verkauft nicht nur Käse, sondern gehört als eine von fünf Frauen auch zum Kollektiv «Oil Productions» aus Lausanne, das «ethische und dissidente» Pornos dreht – unter fairen Bedingungen und mit anderen Perspektiven als im Mainstream üblich. In seinem Langfilmdebüt «Ardente·x·s» hat Patrick Muroni das Kollektiv porträtiert und dafür über längere Zeit begleitet. Beim Stöbern in alten Dateien auf der Harddisk erzählt Bosse, wie sie während des Besuchs eines Pornofestivals in Berlin realisiert habe, dass sie queer ist und wie frustrierend und missbräuchlich viele ihrer sexuellen Erfahrungen bis dahin waren. Dass Pornos befreiend sind, ist für sie selbstverständlich – kurz darauf drehte sie ihren ersten eigenen, indem sie sich selber filmte.

Die Arbeit des 2018 gegründeten Kollektivs ist guter Stoff, auch wie diese sexpositiven Menschen mühelos in intime Bereiche vorstossen. Dazu gehört ein beim Onanieren gefilmter Darsteller mit langen Haaren und Heavy-Metal-Tattoos, der aus Chile in die Westschweiz kam und mit seiner Ehefrau über seine Arbeit als Pornodarsteller spricht. Neben den behutsam gefilmten Einblicken in die Drehs lebt der Film vor allem vom Charakter seiner Figuren.

Dafür, dass er nicht streng dokumentarisch ist, gewisse Szenen also inszeniert sind, fehlt es ihm aber an erzählerischer Stringenz. Auch der Einsatz von Musik ist zuweilen merkwürdig, etwa in der Schlussszene, wo ein aufdringlicher Gabber-Beat die Bilder nicht dringlicher, sondern seltsam unnahbar wirken lässt.

Filmstill aus «Ardente·x·s»: Junge Menschen, welche sich aneinanderkuscheln

«Ardente·x·s». Regie: Patrick Muroni. Schweiz 2022. Jetzt im Kino.