Engpässe bei Arzneimitteln : Freier Markt mit fatalen Nebenwirkungen
Komplizierte Lieferketten, hohe Margen, fehlende Aufsicht: Die Engpässe bei Medikamenten gefährden die Gesundheitsversorgung. Warum sind Beschaffung und Herstellung eigentlich nicht Aufgaben des Staates?
Eltern eilen auf der Suche nach fiebersenkendem Sirup für ihre kranken Kinder von Apotheke zu Apotheke, Epilepsie- oder Herzpatient:innen warten vergebens auf Medikamente, in Spitälern gehen die Antibiotika aus: Bei immer mehr Medikamenten gibt es Lieferengpässe. Aktuell sind fast tausend Artikel betroffen, wie eine Datenbank des Berner Spitalapothekers Enea Martinelli zeigt – darunter auch lebenswichtige Präparate.
«Bis vor wenigen Jahrzehnten gab es für manche Medikamente und Impfungen eine öffentliche oder privat-öffentliche Versorgung, für die private Firmen relativ lokal im direkten Auftrag des Staates produzierten», sagt Patrick Durisch, Experte für Gesundheitspolitik bei der nichtstaatlichen Organisation Public Eye. Dann aber, ab den neunziger Jahren, eröffnete die Globalisierung den Pharmakonzernen ganz neue Möglichkeiten zur Renditesteigerung. Grosse Teile der Produktion wurden nach China und Indien verlegt. Weil die Politik darin kein Problem sah, ist die Wirkstoffproduktion (mit Ausnahme von hochkomplexen Bereichen wie Gentherapien) inzwischen grundsätzlich ausgelagert – was zu höchst komplizierten Lieferketten führt.