Für immer Ausländer
Letzte Woche ging das Kulturhaus Kosmos in Zürich in Konkurs. In der Berichterstattung dazu steht ein Name im Zentrum: Samir. Dem 67-jährigen Filmemacher wird in unterschiedlichen Interviews und Analysen die Hauptverantwortung für das Scheitern des Projekts gegeben. Fair enough: Als Initiator, Gründer und Hauptaktionär trägt gewiss auch er Mitverantwortung. Logisch.
«Doch wer ist Samir eigentlich?», fragt dann der «Tages-Anzeiger» am Samstag in einem «Porträt», das sich wie eine Personenfahndung liest. Man wird doch noch fragen dürfen! Weshalb darin Samirs frühe Kindheit («Seine ersten Jahre verbringt er in Bagdad»), die Staatsbürgerschaft seiner Eltern («die Mutter ist Schweizerin, der Vater Iraker»), die politische Haltung seines Vaters («der als Kommunist verfolgt wird») oder die Bedeutung seines Vor- und Nachnamens eine Rolle spielen, bleibt ein Rätsel. Die Autoren des Textes kennen jedenfalls die Wurzeln des «Kosmos»-Konkurses: «Samirs Auftreten, sein Machtanspruch und seine Alleingänge eckten an», schreiben sie.
In anderen Artikeln der Zürcher Presse ist von «hierarchisch geprägtem Führungsverständnis», von «Alphatier», von «Hitzkopf», «gewaltigem Drive», die Rede, «sehr emotional, impulsiv, heftig» sei Samir. Da wird die sogenannte Herkunft mit vermeintlichem Führungsstil multipliziert, ein bisschen Basar da, ein bisschen toxisch dort, eine Prise «exzentrischer Regisseur», und am Schluss das Ganze noch mit südländischem Temperament garniert. Fertig ist der rassistisch konnotierte Sündenbock.
Dem Zürcher Bildungsbürgertum scheint alles recht zu sein, wenn es darum geht, einem wie Samir zu spüren zu geben, dass er nicht dazugehört. Und was sagt der eigentlich zum Ganzen? In einer Stellungnahme zum Konkurs des «Kosmos» hält er fest, dass er «seit Juni 2019 (…) weder Einfluss geltend machen konnte noch Verantwortung zu tragen hatte».
Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.
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