Asylgesetzrevision: Flüchtling im Keller?

Nr. 11 –

Aus der Sozialhilfe zu fallen, nur noch mit grossem Glück Nothilfe zu bekommen, aber auf jeden Fall auf die Strasse gestellt zu werden: Das blüht bald allen abgewiesenen Flüchtlingen. Nur noch im absoluten Notfall haben sie ein Recht auf medizinische Hilfe. So schreibt es die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK) in die Asylgesetzrevision, über die der Ständerat (SR) berät. Folgt der SR den Vorschlägen der SPK, müssten tausende von abgewiesenen Flüchtlingen, unter ihnen viele Familien, so leben, wie heute schon viele Asylsuchenden mit einem Nichteintretensentscheid (NEE) leben: ohne Dach über dem Kopf, ohne Geld, ohne Schmerzmittel und ohne Chance, die Schule zu besuchen, schlagen sie sich irgendwo in der Schweiz durch (siehe unten «Nichteintretensentscheid - der Film»). Sie schlafen auf Parkbänken, in offenen Kellern, tragen wochenlang die gleichen Kleider, essen, was sie gerade finden können. Was die SPK ins Gesetz schreiben will, verstösst nicht nur gegen die Schweizer Verfassung, gegen die Flüchtlings- und die Menschenrechtskonventionen, sondern gefährdet ganz real das Leben der Betroffenen. So richtig stören kann das die ParlamentarierInnen indes nicht: Sie habe einigen heiklen Punkten zugestimmt, weil sie einfach nicht mehr kämpfen mochte, sagte nach der Kommissionssitzung beispielsweise SP-Ständerätin Christiane Brunner.

Doch der asylpolitische Verschärfungswettbewerb im Innern des Bundeshauses hat draussen in den Städten und Dörfern schon längst Widerstand provoziert: In St. Gallen bekochen Freiwillige täglich fünfzehn bis zwanzig NEE-Flüchtlinge - was vor drei Monaten mit einer Hand voll Leuten angefangen hat, ist bereits zu einer Bewegung mit über 300 AktivistInnen angewachsen. In Basel werden Betroffene von Privaten aufgenommen, oder sie bekommen eine Wohnung zur Verfügung gestellt. In der Westschweiz, im Kanton Bern, im Aargau, in Solothurn sind private Netzwerke - meist mit der Unterstützung einer Kirchgemeinde - entstanden, die die Betroffenen mit Hilfe von Spendengeldern im täglichen Leben unterstützen. Und selbst Kirchenvertreter finden klare Worte, wenn es um die in allem Anfang von Bundesrat Christoph Blocher initiierten Verschärfungen geht: Blochers Asylpolitik sei «ein Krebsgeschwür, das immer neue Metastasen» bilde, sagte der Basler Bischof Kurt Koch dezidiert. Bleibt zu hoffen, dass der Widerstand aus der Bevölkerung anwächst, denn nur so wird es möglich sein, den vorgesehenen asylpolitischen Verschärfungen die Stirn zu bieten.

Am Donnerstag, 17. März, findet aus Anlass der Ständeratsdebatte über die Asylrechtsverschärfungen ein Aktionstag in Bern statt. 11.30 Uhr: Besammlung vor der Dreifaltigkeitskirche für einen gemeinsamen Spaziergang. 13.30 Uhr: Widerstandsfeuer auf dem Kornhausplatz.