Sechstagerennen: Jagd durch die Hölle

Nr. 2 –

Von Höchstgeschwindigkeiten in Steilkurven, Publikumseuphorie und einer Schlägerei unter Sportlern: Der Schriftsteller und WOZ-Autor der ersten Stunde Peter Kamber begab sich sechs Tage an die Rennbahn, in die Kojen und Mechanikerwerkstätten des Hallenstadions.

Mit einem Vater, der einmal Sechstagerennen bestritt, fuhr ich mit dem ersten Trottinett jede Böschung hoch, die einer Steilkurve glich. Doch wegen des Unfalls, der ihn zum Aufhören zwang, zog er mich, den Sohn, nicht zum Radrennsport, er schenkte mir nicht mal ein Kindervelo. Nun würde ich also zum ersten Mal einen Sechstagezirkus besuchen - den Stadionsprecher hören, der wie ein Dompteur mit den Nerven des Publikums spielt, während die Fahrer über die Planken der Bahn jagen.

Zur Magie der ovalen Bahn gehört nicht nur, dass die Fahrer - was für das Auge irritierender ist - gegen den Uhrzeigersinn unterwegs sind und an den engen Enden auf Höchstgeschwindigkeit beinahe waagrecht in der Luft liegen, sondern auch die sonst kaum bei einer Sportart mögliche Nähe zu den Fahrern - die Stehplätze im Innenraum liegen direkt an der Balustrade, direkt im Wirbel des Fahrtwindes.

Die Begeisterung im Stadion fällt nicht wie bei einem Hundertmeterlauf in der Leichtathletik gleich nach zehn Sekunden ab, ähnelt nicht derjenigen des Fussballs, wo die Tore oft schnell und unerwartet fallen, auch nicht der beim Boxen, wo die Identifikation mit der siegreichen Figur nie ganz das Mitleid für das Schläge einsteckende Opfer verdeckt. Der tosende Applaus des Sechstagerennens, der sich zu einem minutenlangen gellenden Schrei der Halle steigert, wenn ein Fahrer (der sich alle zweieinhalb Runden per Schleudergriff mit dem Mannschaftskollegen ablöst) dem Feld auf und davon fährt, um in einer weit über die Schmerzgrenze hinausgehenden Kraftanstrengung dieses Feld zu überrunden, ist einzig darauf zu-rückzuführen, dass der Ausdauer- und Sprintwettbewerb sich mit der unschuldigen, scheinbar völlig unbelasteten Freude des Fang-mich-Spiels der Kindertage vermischt.

Am abschliessenden Renntag, als sich der Urner Bruno Risi und der Stadtzürcher Franco Marvulli mit einem letzten Exploit den bereits verlorenen Sieg zurückholten, blieb ich allerdings innerlich kühl - ich hatte mit vergeblichem eifrigem Klatschen die durch Risi/Marvulli in extremis geschlagene zweitplatzierte Mannschaft unterstützt, den Berliner Robert Bartko und den aus Gent (Belgien) stammenden jungen Iljo Keisse, der auch einen Vertrag als Strassenfahrer hat. Denn diesem Finale war ein kleiner Krieg vorausgegangen, und ich spürte ein wenig zu deutlich, wie der Stadionsprecher das Publikum in der Hand hatte und beeinflusste.

In seinem Aufsatz «Das Theater als Sport» hatte Bertolt Brecht am Beispiel der Ringkämpfe 1920 noch dazu aufgefordert: «Man muss ins Theater gehen wie zu einem Sportfest.» Und 1926 unterstrichen: «In den Sportpalästen wissen die Leute, wenn sie ihre Billette einkaufen, genau, was sich begeben wird, und genau das begibt sich dann, wenn sie auf ihren Plätzen sitzen.» Aber wenn der frühe Brecht sozusagen Emotionen, die nur der Sport entfachte, auch für das Theater einforderte, so wurde nicht erst 1933 deutlich, wie die Nazis durch Manipulation des Publikums im selben Berliner Sportpalast, in dem die Sechstagerennen stattfanden - gegen Ende des Krieges wurde er zerbombt -, diese Gefühle der Massen für die Bühne der Politik nutzten. Allein schon so gesehen ergab die damals erfolgte Hinwendung Brechts zu einem anderen Theater Sinn: Durch eine «verfremdende Abbildung» wollte er dem Publikum «eine untersuchende, kritische Haltung gegenüber dem darzustellenden Vorgang» verleihen.

1. Tag, 28. Dezember 2006: Wie Ferdy Kübler

Die Fahrer werden angeschoben. Wie Gladiatoren charakterisiert der Speaker - Christian Stoll, der auch die Rennen in Bremen, Stuttgart und Berlin begleitet und Stadionsprecher von Werder Bremen ist - die Mannschaften. Die Fahrer werden persönlich fassbar. Robert Bartko sei, sagt er, «der Dieselmotor des deutschen Vierers, Doppelolympiasieger, dreimal Weltmeister». Und etwas später: «Wenn er etwas kann, dann kann er Rad fahren.» Der DJ der Halle präsentiert zu jedem Fahrer ein persönliches Lied.

Dicht am unteren Rand der Steilkurve unter der Passerelle sind die Fahrerkojen; darin ein Bett, ein Kissen, ihre Sachen; davor ein aufgebocktes Rad, der Sattel bei Franco Marvulli extrem hoch; hinter den Kojen: Arbeitsbänke der Mechaniker. Die Halle ist rauchfrei. RaucherInnen gehen ab und zu raus auf den Rundgang, wo sich Imbissstände und Restaurants reihen und auf zahllosen auf stumm geschalteten Monitoren der Rennverlauf übertragen wird.

Das Stundenmittel liegt bei über 53 Kilometern pro Stunde. Wer sich im Innenraum mit den Fahrern um die eigene Achse dreht, wird schon nach drei Runden von einem Schwindelgefühl erfasst.

Ich trete nach dem Rennen zu Bruno Risi: Die Vene an seinem linken Oberarm steht wie ein Leitungsrohr vor, ist ganz sauber gezeichnet. Dieselbe Vene sehe ich - an einem Verkaufsstand - im Bildband über die Radsportlegende Ferdy Kübler (AS Verlag, Zürich 2006). Mein Vater war mal Domestik, Wasserträger, von «Ferdy National». Es ist die Vena brachialis, wie mir später ein Kardiologe erklärt, sie tritt hervor, weil sie fast gar kein Unterhautfett mehr verbirgt.

Im Interview sagt mir Risi, Position zwei oder drei sei am besten für den Sprint, und ideal sei, anderthalb Runden davor nochmals abzulösen.

Beim Autosprint fährt der Zürcher Marvulli, der gewinnt, in der letzten Runde 65,4 Stundenkilometer. Erschöpft sagt er im Siegerinterview mit dem Sportchef des Sechstagerennens Max Hürzeler, er habe schon gedacht, er lasse jetzt dann die Beine hängen. Sein persönlicher Song «Heidi, Heidi, komm nach Haus» begleitet ihn auf der Ehrenrunde.

Ein «Steherrennen» mit anderen Mannschaften folgt: Fahrer im Windschatten von schweren Motorrädern mit überlangen Lenkern. In den Steilkurven wirkt auf Steher - der Mann auf dem Töff steht tatsächlich - und den Fahrer, der an einer am Motorrad befestigten Rolle fährt, die doppelte Erdanziehungskraft. Wer «von der Rolle kommt», muss sich nach Reglement auf den letzten Platz zurückfallen lassen.

Beim Rundenzeitfahren ist nur eine Mannschaft im Rennen. Einer der Fahrer legt im Scheinwerferkegel bei fliegendem Start einen Extremspurt hin. Das Hauptrennen aber sind die Américaines, die «Jagden», zwei pro Nacht, eine kürzere über 125 und eine lange über 250 oder 300 Runden: «Man kann es sich nicht leisten, nur hinterherzubummeln», sagt der Speaker.

Assistent des Sportchefs ist Hugo Trachsler - er repariert nach einem Sturz der Militärradfahrer am zweiten Tag die Bahn, holt, als vorübergehend die elektronische Uhr ausfällt, am letzten Tag die alte Glocke hervor, zeigt mit Handschildern die Anzahl der noch zu fahrenden Runden an oder verwarnt zuletzt mit der grünen Fahne einen Steher, der Runde für Runde seinem zurückliegenden Gegner auf der Zielgeraden den Weg abschnitt.

2. Tag, 29. Dezember 2006: Dänischer Weltrekord

Es ertönt erstmals der Sechstage-Walzer, bei dem das Publikum mit zwei Fingern im Mund mitpfeifen kann, auch bekannt unter dem Namen Sportpalast-Walzer, der aber eigentlich «Wiener Praterleben» heisse, wie der Speaker erklärt. Der Betreuer von Bruno Risi, Geni Wipfli, steht an der Bahn, blickt ganz anders als die Fans, ohne das Gesicht zu verziehen, aber mit hängenden Armen bereit, sofort einzugreifen. Er gibt ab und zu ein Handzeichen. Die Holländer Danny Stam und Jens Mouris gewinnen die erste Américaine. Faires Publikum, und Jens Mouris wirft den Blumenstrauss in die Ränge. Um 21.04 Uhr verkündet der Speaker, die Halle sei ausverkauft, 8050 Zuschauer.

Im Innenraum schiebt ein Mann mit weisser Schürze und T-Shirt gebückt leere Gläserkästen durch die Menge. Im Rundgang oben wird in der Fonduestube an der Pfeffermühle gedreht, Arme strecken die langen Gabeln vor. Im Presseraum sehe ich dem Fotografen Valeriano P. Domenico zu, wie er Bilder auf den Rechner lädt. Eines zeigt das gleissende Oval der Bahn mit Weitwinkel von oben - wie einen Saturnring. Wieder ein Rundenzeitfahren. Hugo Trachsler legt einen Balken quer zur schwarzen Linie, damit kein Fahrer auf den Gedanken kommt, abzukürzen. Während die einen aus Leibeskräften spurten, kreisen die anderen langsam am Bahnrand, warten, bis sie dran sind. Der Däne Alex Rasmussen fährt mit einer Geschwindigkeit von 70,588 Stundenkilometern mit 10,2 Sekunden einen neuen Bahnweltrekord, verbessert sich tags darauf auf 10,17!

Danach die zweite Américaine, die Fahrer belauern sich. Bartko/Keisse im silbergrauen Trikot liegen plötzlich eine Runde vor Risi/Marvulli, die in Weiss fahren. Diese holen auf, das Ausreissspiel beginnt von vorn. Wenn die eine Mannschaft nach Rundengewinn hinten anschliesst und sich dann mühsam durchs Feld nach vorn kämpfen muss, spurtet das rivalisierende Team vorne bereits wieder weg. Der Hallen-DJ liebt offenbar Schlager, die mindestens vierzig Jahre alt sind, fast als wolle er zwanghaft alte Zeiten beschwören: «Er hat ein knallrotes Gummiboot, Gummiboot ...», singt eine Frauenstimme. Wenn Fahrer eine Ablösung verpassen und der müde Mann noch eine Runde dazulegen muss, rächt sich das. «Addio, Mexico ...» wird eingespielt. Es wird enorm schnell gefahren. Aber: «Man muss es nicht nur in den Beinen haben, sondern im Kopf», sagt Kokommentator und Experte Kurt Betschart, langjähriger Partner Risis. Die Mannschaften eins und sechs liefern sich Duell auf Duell. Beeindruckend, wie der Berliner Bartko nach dem Rundengewinn gleich im Slalom durch das hintere Ende des Feldes kurvt, bevor er ablöst. Wo gestern Risi/Marvulli die Stars waren, sind es nun Bartko und der 24-jährige Iljo Keisse, belgischer Meister in der Verfolgung, Sieger von bereits drei Sechstagerennen. Noch 47 Runden. 53,92 Stundenkilometer im Schnitt. Ich fürchte, ich verwandle mich in einen Sechstage-Radsportfan. Was Brecht in «Das Theater als Sport» 1920 sagte, gilt auch für Radrennen: «Die kleinen Tricks sind das Interessanteste.» Um Runde dreissig die entscheidende Rennphase. Bartko/Keisse reissen aus, werden von Risi eingeholt, überholt. «Und Risi, in seiner unbeschreiblichen Art, fliegt über die Bahn», sagt der Speaker. Noch dreizehn Runden. «Sie werden gleich auf den Stühlen stehen.» Im Schlussspurt war Marvulli schneller als Bartko.

Im Siegerinterview mit dem Sportchef erklärt Marvullis Teamkollege Risi, zu einem Streit im Rennen befragt, die Holländer Danny Stam und Jens Mouris hätten die Führung verweigert. Vor den Ohren des Publikums erklärt Risi: «Sie haben uns an den Eiern gespielt.»

«Sind Sie noch da?», fragt der Speaker. Die Halle brüllt. «Könnt ihr noch? Wollt ihr noch? Dürft ihr noch?»

Risi gewinnt den Autosprint, wird ein zweites Mal interviewt. Erklärt, die Holländer hätten bei der Américaine vorhin die Führung verweigert und seien einfach in seinem Windschatten geblieben, weil er sie angeblich zuvor behindert habe. Risi sagt, und die ganze Halle hört es - auch die Jury, die nicht reagiert: «Wenns einen Zahnarzt gibt in der Halle, dann soll er sich melden - er wird morgen Arbeit haben!»

Unter der Passerelle gehts zu den Katakomben. Ich will die Mechaniker befragen. «Keine Paparazzi, bitte!», grinsen sie. Marco Wyser, der Marvullis Rad betreut, sagt schliesslich, sie hätten hier Party, «während die draussen leiden». Die Gänge zu wechseln für das Rundenzeitfahren, dauere drei Minuten, erklärt er, Plattfuss weniger als eine Minute. Sie verwenden spezielles Regenkettenöl mit hoher Haftung.

3. Tag, 30. Dezember 2006: «Der Wachhund ist aus dem Zwinger gekommen»

Ein Bahnvelo darf nicht leichter als 6,8 Kilogramm sein, der Pneu ist steinhart gepumpt und auf die Felge geklebt, «wegen des Kurvendrucks», erklärt Kurt Betschart.

Mannschaften sechs und elf, die direkten Verfolger der nach Punkten führenden Risi/Marvulli, reissen aus. Risi zögert nicht lange, fährt hinterher. «Und schauen Sie das Tempo», ereifert sich der Speaker, «das kann nur einer auf der Welt.» Der Speaker sagt, gestern habe ihn eine Frau gefragt, wer die Schweizer Risi/Marvulli schlagen könne. «Wahrscheinlich können sie sich nur selber schlagen», sagt der Speaker und ahnt noch nicht, was er beinahe prophezeit. Der Schlager läuft: «So ein Wahnsinn. Warum schickst du mich in die Hölle (...) lässt eiskalt meine Seele erfrieren?» Betschart kommentiert: «Jetzt wird mit 120 bis 130 Pedalumdrehungen pro Runde gefahren, im Schlusssprint mit 160.»

Es ist ein sehr komplexer Sport, merke ich, nur ein Publikum, das sich sehr gut auskennt, kann die Taktik mehrerer Mannschaften gleichzeitig verfolgen.

Bartko/Keisse reissen aus, Risi hinterher: «Der Wachhund ist aus dem Zwinger gekommen», kommentiert der Speaker. Keisse startet nach Rundengewinn durch, die Mannschaft Risi/Marvulli aber verpatzt die Ablösung in der Steilkurve unter der VIP-Tribüne, verliert das Rennen - Marvulli rutschte wegen nasser Hände. Sieger Keisse sagt im Ehreninterview: «Mein Deutsch ist nicht gut, und wenn ich kaputt bin, wird es nicht besser.»

Draussen auf dem Rundgang kontrolliert der Hallenstadionangestellte Samuel Hügli die Treppe hinauf zum Presseraum. Er ist selbst als junger Mann Radrennen gefahren, wie er erklärt, wechselte dann aber zum Klettersport, schrieb darüber auch ein Buch («48 Viertausender besteigen»). Er äussert sich persönlich skeptisch über das Image des Radrennsports - nach den Dopingfällen des vergangenen Jahres: «Es wird so viel geschwindelt und gelogen, da wollen viele einfach nichts mehr damit zu tun haben. Wir haben sonst schon genug Lug und Betrug auf der Welt. Ich meine aber nicht das Bahnrennen hier.» Dopingkontrollen gab es übrigens keine, obwohl die Veranstalter mit mindestens zwei unangemeldeten rechneten.

5. Tag, 1. Januar 2007: Die Eskalation

Ich sehe es selbst, wie Risi dem holländischen Fahrer Danny Stam beim Ausgang aus der Steilkurve links unter den VIP-Logen mit der Faust gegen die Schulter boxt. Tags zuvor hatte Bruno Risi bei der Silvesterfeier noch auf der Bühne der Kuhrockband ChueLee auf der Bühne gestanden und seinen persönlichen Song «Alperose» (von Polo Hofer) mitgesungen. Nun aber ist die «Festnudel» (Risis Frau in den «Sixday News» über ihn) verkatert. Die Nerven liegen blank. Im Fussball wäre er vom Platz gestellt und für mehrere Spiele gesperrt worden. Von der Jury verwarnt wird aber seltsamerweise nicht Risi, sondern Danny Stam.

«Risi sieht nicht gut aus», sagt Max Hürzeler. Danny Stam fährt nun konsequent gegen Risi, macht jeden Ausreissversuch von ihm zunichte - seine sportliche Antwort. Die verbalen Rempeleien gehen weiter: «Jungs, konzentriert euch doch bitte wieder aufs Fahren», mahnt der Speaker, und die Jury verwarnt nun beide Teams. «Jetzt gabs schon wieder eine böse Handbewegung Richtung Danny Stam», sagt der Speaker. Stam holt Risi bei jedem Fluchtversuch ein. Ergebnis: Risi/Marvulli verlieren die Führung im Gesamtklassement an Bartko/Keisse.

«Jetzt gibts wieder ‹Freundlichkeiten› auf der Bahn», sagt der Speaker. Beide bekommen von der Jury eine Geldstrafe von fünfzig Franken aufgebrummt. Nach dem Rennen kommt es bei den Kojen, die gleich aneinanderliegen, zu einer Keilerei. Risi, der völlig die Nerven verliert und, wie es nachher heisst, zuerst mit einem Bidon und dann mit den Fäusten auf Stam losgeht, endet - wie ein Keystone-Fotograf festhält - in dessen Schwitzkasten, muss, wie ich selbst sehe, von den Betreuern weggerissen werden.

Geni Wipfli, der Betreuer Risis, erklärt mir kurze Zeit danach, während des Autosprints, wie der Streit am zweiten Tag anfing: «Risi sagte dem Danny, er sei ein ‹Hinderredli-Figger›.» Das heisst übersetzt, er reibe sich nur an seinem Hinterrad; das «Schweizerische Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache» leitet das schweizerische «figgen» von «fegen» ab («abfiggen»: abreiben, abstossen etc.). Stam muss es aber als sexuelle Beleidigung verstanden haben, kombiniere ich. Geni Wipfli weiter über Risi: «Vorher ging er mit ihm reden - ich glaube, die machen heute wieder Frieden.» Und tatsächlich zeigen sich Risi und Stam danach versöhnt, gaben sich nebeneinander vor der Jurytribüne hoch über dem Kopf in der Luft die Hand. Das muss Risi, gleichviel was, etwas gekostet haben, mindestens Überwindung. Marcel Krebs, Fotojournalist des Onlinemagazins «Sportheute.ch», lacht: «Das ist Arbeitergesellschaft pur.»

Nach dem Finalabend, an dem achtzehn Urner Schlachtenbummler mit riesigen Treicheln die Halle in einen Hexenkessel verwandeln und Risi/Marvulli (Gesamtsieger) letztlich nur deshalb die verlorene Runde aufholen, weil das holländische Team Danny Stam/Jens Mouris (landen auf dem fünften Platz) in der entscheidenden Phase die Beinahesieger Bartko/Keisse (Platz zwei) abbremsen, nimmt es der Fotokollege Krebs noch einmal von der heiteren Seite: «Das ist eine Clique - die können einander nicht kaputt machen. Heute Abend waren alle Direktoren der Winterbahnen da - Verträge werden abgeschlossen, da wollte man sich gut zeigen.»

Und wieder kommt Polo Hofers «Alperose».