Was weiter geschah: «Kostencontrolling» für Asylsuchende

Nr. 19 –

Es läuft immer etwa gleich ab, das Demonstrieren in Bern: immer die gleichen Arkaden, mehr oder weniger unfreundliche Polizisten, verwunderte Touristinnen, Bärenfolklore.

Am 5. Mai 2012 geht es einmal auf die andere Seite: ins Länggassquartier, zur Zivilschutzanlage Hochfeld, wo die Firma ORS 160 Asylsuchende betreut. Die DemonstrantInnen lärmen mit Pfannendeckeln, singen «Régulariser tous les sans-papiers», manchmal auch einfach «Olé, olé». Diesmal schauen Büezer, Verkäuferinnen und tamilische Familien zu. Manche klatschen. PolizistInnen warten vor der Rampe, die zum Eingang des Bunkers hinunterführt. Unten stehen zwei Familien; zwei kleine Kinder verhauen sich gerade. «Die ORS und der Kanton treiben Schindluderei», sagt Martin van Egmond vom Solidaritätsnetz Sans-Papiers. «Wenn wir ein Anliegen haben, heisst es beim Kanton: Geht zur ORS! Und bei der ORS: Geht zum Kanton!» Als ein Flüchtling sagt: «Die Sans-Papiers wollen arbeiten und Steuern zahlen!», bricht ein Begeisterungssturm los.

Die ORS hat ein Communiqué geschrieben. Darin lobt sie ihre «ausgeprägte Menschlichkeit und Fairness». Sie mache keine Gewinne an den Asylsuchenden, sie erziele ihre Erträge durch «hoch professionalisiertes Kostencontrolling, durch laufende Optimierung ihrer Abläufe und eine sehr effiziente Administration».

Bald wagen sich die Flüchtlingskinder die Rampe hoch. Die Polizei kann die Trennung nicht mehr gewährleisten. Die Kinder bekommen «Kein Mensch ist illegal»-Ballone.
Bettina Dyttrich

Nachtrag zum Artikel «Die Asylprofiteure » 
in WOZ Nr. 49/11.